Mit der Zustimmung des Bundesrats zum Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses zum Wachstumschancengesetz konnte das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen werden. Es folgt eine Zusammenstellung der Erleichterungen für Unternehmen, die sich durch das Wachstumschancengesetz ergeben. Insgesamt zielt das Wachstumschancengesetz darauf ab, die Liquidität von Unternehmen zu verbessern und Investitionen sowie Innovationen anzukurbeln. Mit Vereinfachungen und Erleichterungen im Steuerrecht sollen nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumsmöglichkeiten der Unternehmen in Deutschland gestärkt werden, sondern auch kleine Betriebe durch Entlastungen in der Bürokratie profitieren.

Inhalt:

  1. Das Wachstumschancengesetz
  2. Erhöhung der Umsatz- und Gewinngrenze zur Buchführungspflicht
  3. Erhöhung der Umsatzgrenze für Ist-Versteuerung
  4. Verbesserung der Sonderabschreibung gem. § 7g EStG
  5. Degressive Abschreibung für bewegliche Anlagegüter im Jahre 2024
  6. Erhöhung der Freigrenze für Geschenke
  7. Erleichterungen bei der Bilanzierung und Offenlegung für Kleinstkapitalgesellschaften
  8. Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege
  9. Gesetzliche Fristverlängerung für die Abgabe der Steuererklärungen

1. Das Wachstumschancengesetz

Mit dem Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovationen sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) soll die Bundesrepublik Deutschland als Wirtschaftsstandort gestärkt werden.

Inhaltlich geht es vor allem die Verbesserung der Liquiditätssituation der Unternehmen sowie die Förderung dauerhaft höherer Unternehmensinvestitionen und Innovationen zur Begleitung der wirtschaftlichen Transformation und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, der Wachstumschancen und des Standorts Deutschland. Ergänzend enthält das Wachstumschancengesetz zahlreiche kleinere Maßnahmen zur Vereinfachung des Steuersystems und Bürokratieentlastung vor allem kleinerer Unternehmen.

2. Erhöhung der Umsatz- und Gewinngrenze zur Buchführungspflicht

Die Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ist eine vereinfachte Methode zur Gewinnermittlung im Steuerrecht, die insbesondere kleinen Unternehmen erlaubt, ihren Gewinn ohne großen Aufwand zu ermitteln und gegenüber dem Finanzamt zu dokumentieren. Hierzu werden einfach die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben im jeweiligen Wirtschaftsjahr gegenübergestellt. Im Ergebnis erhält man den steuerpflichtigen Gewinn oder einen Verlust.

Ab 01.01.2024 können Gewerbebetriebe ihren Gewinn mittels Einnahmen-Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, wenn der Jahresumsatz nicht höher ist als 800.000 Euro und der Jahresgewinn nicht höher ist als 80.000 Euro im Kalenderjahr bzw. Wirtschaftsjahr. Diesbezüglich werden die in § 141 Abs. 1 AO genannten Umsatz- und Gewinngrenzen durch das Wachstumschancengesetz entsprechend angehoben.

Eine Übergangsregelung sieht vor, dass kleine Unternehmen von dieser Erleichterung bereits jetzt profitieren können, wenn deren Umsatz bzw. Gewinn 2023 die neuen Grenzen in Höhe von 80.000 Euro (Gewinn) bzw. 800.000 Euro (Umsatz) nicht überschreiten. Die neuen Grenzwerte sind somit faktisch bereits für das Jahr 2023 anwendbar (Art. 97 § 19 Abs. 3 und 4 Einführungsgesetz zur AO).

3. Erhöhung der Umsatzgrenze für Ist-Versteuerung

Unternehmer i.S.d. Umsatzsteuergesetzes (UStG) müssen regelmäßig Umsatzsteuervoranmeldungen an das örtlich zuständige Finanzamt übermitteln. In der Umsatzsteuervoranmeldung sind alle steuerlich relevanten Vorgänge zu erfassen und die nach Abzug der Vorsteuer verbleibende Umsatzsteuer ist für jeden Voranmeldungszeitraum selbst zu berechnen. Grundsätzlich ist die Umsatzsteuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Sie ist nach vereinbarten Entgelten zu berechnen (Soll-Besteuerung gemäß § 16 Abs. 1 UStG).

Die Umsatzsteuervoranmeldung ist bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz und in elektronischer Form an das Finanzamt zu übermitteln. Die vom Unternehmer zu leistende Umsatzsteuervorauszahlung ist ebenfalls am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig.

Für Unternehmer, deren Umsatz eine bestimmte Grenze nicht überschreitet, besteht daneben die Möglichkeit, die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen (Ist-Besteuerung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Hier entsteht die Umsatzsteuer erst mit Ablauf des Voranmeldezeitraums, in dem der Unternehmer das vereinbarte Entgelt tatsächlich erhalten hat. Die Umsatzsteuer ist erst dann an das Finanzamt abzuführen, wenn der Kunde die Rechnung tatsächlich bezahlt hat, was für kleine Unternehmen ein erheblicher Liquiditätsvorteil ist.

Ab 01.01.2024 können Unternehmer die Ist-Besteuerung bei ihrem Finanzamt beantragen, wenn deren Gesamtumsatz im Vorjahr nicht mehr als 800.000 Euro betragen hat (§ 20 S. 1 Nr. 1 UStG, geändert durch das Wachstumschancengesetz).

4. Verbesserung der Sonderabschreibung gem. § 7g EStG

Unter bestimmten Voraussetzungen können kleine und mittlere Unternehmen für neue bewegliche abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Jahr der Anschaffung und in den folgenden vier Jahren neben der normalen Abschreibung zusätzlich Sonderabschreibungen gem. § 7g EStG bis zu 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten geltend machen.

Begünstigt sind abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die ab dem 1.1.2024 angeschafft oder hergestellt werden. Eine der Voraussetzungen ist nach § 7g Ab. 5 EStG weiterhin, dass die Gewinngrenze von 200.000 Euro im Jahr, das der Investition vorangeht, nicht überschritten wird. Für solche nach § 7g Abs. 5 i. V. m. Abs. 6 EStG begünstigten Wirtschaftsgüter bleibt es bei dem Höchstbetrag von 20% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, wenn diese vor dem 1.1.2024 angeschafft oder hergestellt wurden, auch wenn der zulässige Begünstigungszeitraum noch nicht beendet ist (§ 52 Abs. 16 S. 6 EStG).

Die Sonderabschreibung ist unabhängig von der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags möglich und kann beliebig auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung und die folgenden vier Jahre verteilt werden.

Die ursprünglich geplante Erhöhung der Sonderabschreibung auf 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten fand im Vermittlungsausschuss keine Zustimmung und wurde auf 40 % reduziert.

5. Degressive Abschreibung für bewegliche Anlagegüter im Jahre 2024

Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Zeitraum vom 1.4.2024 bis 31.12.2024 angeschafft oder hergestellt werden, können statt in gleichen Jahresbeträgen (lineare AfA) mit einem festen Prozentsatz von maximal 20 % vom Buchwert abgeschrieben werden, allerdings gedeckelt auf das 2,5-fache der linearen AfA.

6. Erhöhung der Freigrenze für Geschenke

Geschenke an Geschäftsfreunde sind ab dem 01.01.2024 bis zu einem Wert von 50 Euro pro Person und Jahr als Betriebsausgaben abziehbar, wobei der Betrag für umsatzsteuerpflichtige Unternehmer netto und für nicht umsatzsteuerpflichtige inklusive Umsatzsteuer gilt. Es handelt sich um eine Freigrenze, sodass die Kosten bei Überschreitung nicht als Betriebsausgaben absetzbar sind.

7. Erleichterungen bei der Bilanzierung und Offenlegung für Kleinstkapitalgesellschaften

Mit dem Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz (MicroBilG) hatte der Gesetzgeber eine weitere Größenklasse für Kapitalgesellschaften eingeführt, verbunden mit einigen Erleichterungen bei der Bilanzierung und Offenlegung der Jahresabschlüsse.

Nach § 267a HGB gilt eine Kapitalgesellschaft ab 01.01.2024 als Kleinstkapitalgesellschaft, wenn zwei der drei folgenden Merkmale an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen nicht überschritten werden:

  • Bilanzsumme: 450.000 Euro (bisher 350.000 Euro);
  • Umsatzerlöse: 900.000 Euro (bisher 700.000 Euro);
  • Zahl der Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt gem. § 267 Abs. 5 HGB: 10 Arbeitnehmer.

Der Schwellenwert für die Bilanzsumme ist nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags (§ 268 Abs. 3 HGB) zu ermitteln.

8. Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege

Unternehmen sind gem. §§ 147 AO, 257 HGB, § 14b Abs. 1 S. 1 UStG verpflichtet, Geschäftsunterlagen über einen bestimmten Zeitraum aufzubewahren. Für Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse und Lageberichte bleibt es bei der bisherigen Aufbewahrungsfrist von 10 Jahre. Für Buchungsbelege wurde die Aufbewahrungsfrist dagegen von 10 Jahren auf 8 Jahre herabgesetzt.

Für alle anderen aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen wie Geschäftsbriefe und sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind, bleibt es bei der Aufbewahrungsfrist von 6 Jahren.

9. Gesetzliche Fristverlängerung für die Abgabe der Steuererklärungen

Wegen der erheblichen Belastungen durch die Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber mehrfach die Fristen zur Abgabe der Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen verlängert.

Für die Steuererklärungen 2022 wurde die Abgabefrist für Selbstersteller vom 31.7.2023 auf den 30.09.2023 verlängert, für beratene Unternehmen vom 29.2.2024 auf den 31.7.2024.

Für die Steuererklärungen 2023 wurde die Abgabefrist für Selbstersteller vom 31.7.2024 auf den 30.09.2024 verlängert, für beratene Unternehmen vom 28.2.2025 auf den 31.5.2025.

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