Sozialversicherungspflicht der Geschäftsführer

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Die Sozialversicherungspflicht der Geschäftsführer einer GmbH ist eine wichtige Angelegenheit, die im Zweifel nur von einem Rechtsanwalt mit entsprechender Expertise sicher beantwortet werden kann. Zweifel können sich vor allem beim geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH ergeben, der über keine Sperrminorität verfügt.

Die Geschäftsführer gehören neben der Gesellschafterversammlung zu den Organen der GmbH. Sie führen die Geschäfte und vertreten die Gesellschaft nach außen. Für ihre Bestellung sind die Gesellschafter zuständig. Von der amtlichen Bestellung der Geschäftsführer ist das schuldrechtliche Dienstverhältnis abzugrenzen, das im Rahmen eines Geschäftsführeranstellungsvertrages geregelt wird.

Ist der Geschäftsführer nicht selbst unmittelbar am Stammkapital der GmbH beteiligt, spricht man von einem Fremdgeschäftsführer, die regelmäßig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH stehen und somit der Sozialversicherungspflicht unterliegen.

Etwas komplizierter ist die Rechtslage beim Geschäftsführer, der unmittelbar oder mittelbar am Stammkapital der GmbH beteiligt ist (geschäftsführende Gesellschafter). Diesbezüglich verweise ich auch auf den gesonderten Beitrag zur Sozialversicherungspflicht der geschäftsführenden Gesellschafter.

Inhalt:

  1. Beurteilung der Sozialversicherungspflicht beim GmbH-Geschäftsführer
  2. Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit in der Rechtsprechung
  3. Grundsätze der Sozialgerichte zur Statusbeurteilung beim Geschäftsführer
  4. Sozialversicherungspflicht der Fremdgeschäftsführer
  5. Geschäftsführer in der Familien-GmbH
  6. Sozialversicherungspflicht der geschäftsführenden Gesellschafter der GmbH
  7. Mitarbeitende Gesellschafter und deren Sozialversicherungspflicht
  8. Sozialversicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführer in der GmbH & Co. KG
  9. Sozialversicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführer bei mittelbarer Beteiligung
  10. Individuelle Beratung zur Sozialversicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführer

1. Sozialversicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführer

Die abhängige Beschäftigung eines Mitarbeiters in einem Unternehmen führt grundsätzlich zur Versicherungspflicht dieser Person in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (gesetzliche Sozialversicherungspflicht). Dies gilt sowohl für Arbeiter als auch Angestellte. Selbständige Unternehmer zählen dagegen grundsätzlich nicht zum Kreis der versicherungspflichtigen Personen. Allerdings gibt es diesbezüglich einige Sonderregelungen für bestimmte Berufsgruppen und arbeitnehmerähnliche Selbständige.

Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ist zunächst anhand der in § 7 Abs. 1 SGB IV genannten Merkmale zu entscheiden. Insbesondere beim geschäftsführenden oder mitarbeitenden Gesellschafter der GmbH sowie bei freien Mitarbeitern ist die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung (Scheinselbständigkeit) oftmals schwierig. Für die richtige Einordnung sind die Unternehmen selbst verantwortlich. Im Zweifel können beide Parteien ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen.

2. Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit in der Rechtsprechung

Mit zwei Urteilen hat das Bundessozialgericht (BSG) im Jahr 2012 seine Rechtsprechung zur Beurteilung der Sozialversicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführer präzisiert:

Die erste Präzisierung zur Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung erfolgte in dem Urteil des BSG vom 29.8.2012 (B 12 KR 25/10 R). Entscheidend für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Arbeit ist die im Gesellschaftsrecht wurzelnde und im Gesellschaftsvertrag der GmbH fixierte Rechtsmacht der Geschäftsführer. Der Geschäftsführervertrag spielt daher nur noch eine ganz unwesentliche Rolle.

Sozialversicherungspflicht der Fremdgeschäftsführer

Ein Geschäftsführer, der am Stammkapital der Gesellschaft nicht beteiligt ist (Fremdgeschäftsführer), unterliegt dem Weisungsrecht der Gesellschafter und ist daher grundsätzlich abhängig beschäftigt.

1. Maßgeblich für die wertende Zuordnung einer Tätigkeit zum Typus der Beschäftigung ist das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen wird.

2. Zur Bedeutung eines tatsächlich nicht ausgeübten, rechtlich fortbestehenden Weisungsrechts für die Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit.

BSG, Urteil vom 29.8.2012 (B 12 KR 25/10 R)

Eine weitere Präzisierung zur Sozialversicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführer folgte in der Parallelentscheidung vom 29.08.2012 (B 12 R 14/10).

1. Weder eine im Anstellungsvertrag eingeräumte Handlungsfreiheit noch die darin eingeräumte Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot gem. § 181 BGB können eine Selbstständigkeit im Rechtssinne rechtfertigen.

2. Als Mitgeschäftsführer blieb der Kläger in die vorgegebene Organisation der Vertriebs-GmbH & Co. KG eingebunden. Er besaß keine rechtliche Möglichkeit, auf die konkrete Ausgestaltung der betrieblichen Organisation dieser Gesellschaft Einfluss zu nehmen.

3. Fehlt es bereits an einer unmittelbaren Beteiligung am Stammkapital der GmbH, hat ein Fremdgeschäftsführer weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden.

BSG, Urteil vom 29.8.2012 (B 12 R 14/10)

Seit diesen Urteilen des BSG vom 29.08.2012 beurteilt sich der sozialversicherungsrechtliche Status (unabhängig von schuldrechtlichen Vereinbarungen oder vom faktischen Verhalten der beteiligten Personen) streng nach der Rechtsmacht auf Basis des Vertragsverhältnisses.

Aufgabe der Kopf-und-Seele-Rechtsprechung des BSG in 2015

In 2015 folgten weitere Urteile des BSG zur Sozialversicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführer, mit denen auch die „Kopf und Seele“- Rechtsprechung“ zur Statusfeststellung beim Geschäftsführer in der Familien-GmbH endgültig aufgegeben wurde.

Eine Abhängigkeit der Statusfeststellung vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten ist mit der notwendigen Vorhersehbarkeit sozialversicherungsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren. Vielmehr muss der Vorrang der gesetzlichen und vertraglichen Rahmenbedingungen gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen auch bei Familiengesellschaften gelten.

BSG, Urteil vom 29.7.2015 (B 12 KR 23/13 R)

Diese kann nicht mehr durch Fiktionen beseitigt oder überlagert werden, die aus besonderen Umständen aufgrund familiärer oder wirtschaftlicher Bindungen oder Rücksichtnahme hergeleitet werden.

3. Grundsätze der Sozialgerichte zur Statusbeurteilung beim Geschäftsführer

Inzwischen hat das Bundessozialgericht in einer Reihe von Urteilen folgende Grundsätze entwickelt, die bei der Beurteilung der Sozialversicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführer und geschäftsführender Gesellschafter zu beachten sind:

  • Beim geschäftsführenden Alleingesellschafter wird die Sozialversicherungspflicht ausnahmslos verneint (BSG, Urteil vom 24.11.2005, B 12 RA 1/14 R).
  • Ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem mindestens hälftigen Anteil am Stammkapital ist nach aktueller Rechtsprechung regelmäßig wie ein selbständiger Unternehmer zu behandeln und somit nicht sozialversicherungspflichtig (BSG, Urteil vom 17.05.2001, B 12 KR/00 R).
  • Ein geschäftsführender Gesellschafter der GmbH mit einer umfassenden Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung unterliegt mangels der arbeitnehmertypischen Bindung an Weisungen Dritter nicht der Sozialversicherungspflicht (BSG, Urteil vom 30.04.2013, B 12 KR 19/11 R).
  • Die Vereinbarungen im Geschäftsführeranstellungsvertrag und deren tatsächliche Ausübung in der Praxis spielen für die Frage der Sozialversicherungspflicht nur noch eine unwesentliche Rolle.
  • Auch andere schuldrechtliche Vereinbarungen neben dem Geschäftsführervertrag sind nicht geeignet, den sozialversicherungsrechtlichen Status des Geschäftsführer maßgeblich zu verschieben. Dazu gehören insbesondere Stimmbindungsvereinbarungen oder Vetorechte, die die Gesellschafter außerhalb des Gesellschaftsvertrages miteinander abschließen.

4. Sozialversicherungspflicht der Fremdgeschäftsführer

Geschäftsführer der GmbH, die nicht unmittelbar am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt sind (Fremdgeschäftsführer), stehen nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH.

Fremdgeschäftsführer sind nicht am Kapital der GmbH beteiligt und der Einsatz ihrer Arbeitskraft ist angesichts eines regelmäßig vereinbarten Festgehalts nicht mit einem Verlustrisiko verbunden. Infolgedessen fehlt bei ihnen schon das unternehmerische Risiko als wesentliches Indiz für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit.

Ausgenommen sind solche Geschäftsführer, die über eine mittelbare Beteiligung am Stammkapital der GmbH in der Lage sind, die Geschicke der Gesellschaft zu steuern (BSG, Urteil vom 08.07.2020, B 12 R 26/18 R).

Fremdgeschäftsführer sind grundsätzlich abhängig beschäftigt

Das BSG hat sich in seinem Urteil vom 22.08.1973 (12 RK 24/72) schon damals ausführlich mit der versicherungsrechtlichen Beurteilung der Fremdgeschäftsführer auseinandergesetzt und eine abhängige Beschäftigung bei der GmbH festgestellt.

1. Die Eingliederung des Fremdgeschäftsführers in den Betrieb der GmbH zeigt sich schon darin, daß dieser als Geschäftsführer der GmbH die Beschlüsse der Gesellschafter auszuführen hat und dabei auch nur im Rahmen der Gesellschafterbeschlüsse handeln darf. Insoweit obliegt den Gesellschaftern nach § 46 Nr. 6 GmbHG auch die Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung durch den Kläger.

2. Die Gesellschafter können dem Geschäftsführer zwar große Freiheiten lassen, doch dürfen sie ihn nicht ganz von der Überwachung befreien, zumal sie andernfalls gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft womöglich schadensersatzpflichtig werden. Es ist unbeachtlich, ob die Gesellschafterversammlung von ihrer in § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags festgelegten Weisungsbefugnis gegenüber dem Geschäftsführer allgemein oder für den Einzelfall Gebrauch gemacht oder nicht. Die Bindung des Fremdgeschäftsführers an Weisungen der Gesellschafter verfeinert sich dabei – wie bei Diensten höherer Art üblich – zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess (vgl. auch BSG, Urteil vom 29.03.1962 (3 RK 74/57); BSG, Urteil vom 29.08.1963 (3 RK 86/59).

3. Dem steht nicht entgegen, dass Fremdgeschäftsführer gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern Funktionen eines Arbeitgebers wahrnehmen (vgl. auch BSG, Urteil vom 13.12.1960 (3 RK 2/56).

4. Im Übrigen spricht auch der Inhalt des „Dienstvertrages” dafür, dass der Geschäftsführer von der Firma als Angestellter behandelt wird. Danach hat er seine ganze Arbeitskraft für die Gesellschaft, an der er selbst nicht beteiligt ist, einzusetzen und erhält hierfür ein in monatlichen Teilbeträgen auszahlbares Jahresgehalt, ein Weihnachtsgeld und einen Jahresurlaub von vier Wochen.

BSG, Urteil vom 22.08.1973 (12 RK 24/72)

Eine Bestätigung dieser Rechtsprechung folgte mit den Urteilen des BSG vom 24.06.1982 (12 RK 45/80) und mit Urteil vom 18.12.2001 (B 12 KR 10/01).

5. Geschäftsführer in der Familien-GmbH

Mit dem Urteil vom 29.7.2015 (B 12 KR 23/13 R) hat das BSG die bis dahin geltende „Kopf und Seele“- Rechtsprechung“ zur Sozialversicherungspflicht der Geschäftsführer in der Familien-GmbH endgültig aufgegeben.

Eine Abhängigkeit der Statusfeststellung vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten sei mit der notwendigen Vorhersehbarkeit sozialversicherungsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren. Vielmehr müsse der Vorrang der gesetzlichen und vertraglichen Rahmenbedingungen gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen auch bei Familiengesellschaften gelten.

BSG, Urteil vom 29.7.2015 (B 12 KR 23/13 R)

Verwandtschaftliche oder wirtschaftlichen Beziehungen spielen für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht eines Geschäftsführers oder Mitarbeiters der GmbH seitdem keine Rolle mehr. Es kommt insbesondere nicht mehr darauf an, ob sich die Ehefrau und alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin der GmbH in die faktische Geschäftsführung durch den Ehemann einmischte oder nicht.

Für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht ist nur die im Gesellschaftsrecht wurzelnde und im Gesellschaftsvertrag der GmbH fixierte Rechtsmacht der jeweiligen Person entscheidend. Diese kann nicht mehr durch Fiktionen beseitigt oder überlagert werden, die aus besonderen Umständen aufgrund familiärer oder wirtschaftlicher Bindungen oder Rücksichtnahme hergeleitet werden.

Es kommt entscheidend darauf an, ob der Geschäftsführer unliebsame Weisungen des Arbeitgebers auch im Konfliktfall abwenden kann oder nicht. Eine “Schönwetter-Selbständigkeit” gibt es nicht (mehr).

6. Sozialversicherungspflicht der geschäftsführenden Gesellschafter der GmbH

Auch geschäftsführende Gesellschafter der GmbH sind grundsätzlich sozialversicherungspflichtig, sofern sie nicht wie ein Unternehmer frei von Weisungen in örtlicher und zeitlicher Hinsicht über ihre Arbeitskraft entscheiden können.

Allein die kapitalmäßige Beteiligung am Stammkapital der GmbH schließt die Sozialversicherungspflicht eines geschäftsführenden Gesellschafters nicht aus. Vielmehr mehr kommt es beim geschäftsführenden Gesellschafter im Wesentlichen darauf an, ob dieser auf Basis der Beteiligung am Stammkapital der GmbH oder aufgrund anderer im Gesellschaftsvertrag wurzelnder Sonderrechte in der Lage ist, die Entscheidungen der Gesellschafterversammlung maßgebend zu beeinflussen oder zumindest zu verhindern.

Beim geschäftsführenden Alleingesellschafter und beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer wird die Sozialversicherungspflicht daher ausnahmslos verneint, da sie wie selbständige Unternehmer frei von Weisungen in örtlicher und zeitlicher Hinsicht über ihre Arbeitskraft entscheiden können (BSG, Urteil vom 24.11.2005, B 12 RA 1/14 R).

Die Bedeutung der Sperrminorität für den geschäftsführenden Gesellschafter

Beim Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Anteil am Stammkapital unter 50 % kommt es auf die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages an. Das entscheidende Kriterium für die Entscheidung über die Sozialversicherungspflicht ist das Bestehen einer echten, umfassenden Sperrminorität, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt. Eine solche Sperrminorität ist nur zu bejahen, wenn diese uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit erfasst (BSG, Urteil vom 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R). Ist sie dagegen in irgendeiner Art und Weise begrenzt oder beschränkt, ist das im Sinne des Sozialversicherungsrechts nicht ausreichend.

Das BSG hat in seinem Urteil vom 01.02.2022 (B 12 19/19 R) erneut festgestellt, dass nur eine “echte”, die gesamte Unternehmenstätigkeit umfassende und im Gesellschaftsvertrag wurzelnde Sperrminorität in der Lage ist, den sozialversicherungsrechtlichen Status des geschäftsführenden Gesellschafters zu verschieben.

Ist für einen Gesellschafterbeschluss die einfache Mehrheit erforderlich, kann ein Gesellschafter ohne mindestens hälftige Beteiligung am Stammkapital einen solchen Beschluss gegen seinen Willen nicht verhindern. Eine echte, die gesamte Unternehmenstätigkeit umfassende und im Gesellschaftsvertrag wurzelnde Sperrminorität liegt somit nicht vor.

Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn für einen Gesellschafterbeschluss eine qualifizierte Mehrheit von drei Vierteln (75 %) oder gar eine einstimmige Beschlussfassung erforderlich ist. Hierfür ist allerdings eine besondere Regelung im Gesellschaftsvertrag erforderlich.

Wer Gesellschafter der GmbH ist, bestimmt sich ausschließlich nach der Gesellschafterliste gem. § 40 GmbHG. zwingt mich dazu, als Gesellschafter mit der Gesellschafterliste im Handelsregister eingetragen zu sein. Nur wer als Gesellschafter in der Gesellschafterliste eingetragen ist, kann die Gesellschafterrechte ausüben (BSG, Urteil vom 12.05.2020, B 12 R 5/18 R).

7. Sozialversicherungspflicht angestellter Gesellschafter

Beim mitarbeitenden Gesellschafter der GmbH kommt es darauf an, ob dieser aufgrund einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung am Stammkapital der GmbH oder anderer satzungsmäßiger Sonderrechte eine beherrschende Stellung in der Gesellschaft besitzt.

Ein GmbH-Gesellschafter, der in der Gesellschaft zwar angestellt, aber nicht zum Geschäftsführer bestellt wurde, gilt regelmäßig als abhängig beschäftigt Mitarbeiter. Er besitzt allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben. Das Weisungsrecht gegenüber den Angestellten der GmbH obliegt – sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist – nicht der Gesellschafterversammlung, sondern ist Teil der laufenden gewöhnlichen Geschäftsführung. Erst wenn Gesellschafter kraft ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber der Geschäftsführung haben, unterliegen sie nicht mehr deren Weisungsrecht.

BSG, Urteil vom 29.06.2021, B 12 R 8/19 R

Der Gesellschafter einer GmbH verfügt kraft seiner gesellschaftsrechtlichen Position nur dann über die Leitungsmacht gegenüber der Geschäftsführung, wenn er kraft seiner Beteiligung am Stammkapital der GmbH nach seinem eigenen Willen Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen kann. Eine echte, umfassende Sperrminorität ist dagegen nicht ausreichend.

8. Sozialversicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführer in der GmbH & Co. KG

Die GmbH & Co. KG ist formalrechtlich eine Personengesellschaft, bei der eine GmbH als einzig haftender Gesellschafter die Rolle des Komplementärs in einer Kommanditgesellschaft (KG) einnimmt. GmbH und KG sind über einen Gesellschaftsvertrag miteinander verbunden, bleiben aber selbständige Unternehmen.

Das BSG hat am 08. Juli 2020 seine bisherige Rechtsprechung zur Statusbeurteilung der Geschäftsführer einer GmbH in einer Reihe von Urteilen fortentwickelt und diesbezüglich weitere wichtige Grundsätze zur Statusbeurteilung der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH aufgestellt.

Im wesentlichen gelten die Grundsätze zur Sozialversicherungspflicht der Geschäftsführer einer GmbH auch für die Geschäftsführer einer Komlementär-GmbH in der GmbH & Co. KG. Allerdings sind doch einige Besonderheiten zu beachten, die sich auch aus den unterschiedlichen Erscheinungsformen der GmbH & Co. KG ergeben.

Bis zu den Urteilen des BSG vom 08.07.2020 bestand noch Unklarheit bezüglich der Rechtslage beim Geschäftsführer der GmbH, der zwar nicht selbst am Stammkapital der GmbH beteiligt ist, aber als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft mittelbar die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung in der von ihm geführten GmbH beeinflussen kann.

Diesbezüglich hat das BSG seine Rechtsprechung zur sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung beim Geschäftsführer einer GmbH erneut präzisiert. Hiernach spielt es keine Rolle, ob der Geschäftsführer seine Rechtsmacht unmittelbar aus seiner Stellung als Gesellschafter in der von ihm geführten Gesellschaft oder aus seiner Beteiligung an einer anderen Gesellschaft (mittelbar) ableitet.

Allerdings ist für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung auch nur eine solche von dieser Beteiligung abgeleitete Rechtsmacht beachtlich, wenn sie ihrerseits im Gesellschaftsrecht wurzelt, also durch Gesellschaftsvertrag geregelt ist und unmittelbar auf das zu beurteilende Rechtsverhältnis durchschlägt. Entscheidend bleibt, dass dem Geschäftsführer auf Basis seiner mittelbaren Beteiligung an der von ihm geführten Gesellschaft selbst und unmittelbar eine ausschlaggebende Einflussnahme auf Gesellschafterbeschlüsse der von ihm geführten Gesellschaft möglich ist oder er zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern kann.

9. Sozialversicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführer bei mittelbarer Beteiligung (Holding)

Der Geschäftsführer einer GmbH ist grundsätzlich auch dann selbständig tätig, wenn er aufgrund einer mittelbaren Beteiligung am Stammkapital oder einer ihm eingeräumten umfassenden Sperrminorität maßgeblichen Einfluss auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung ausüben kann.

Hierfür muss der Geschäftsführer allerdings aufgrund einer hinreichenden Kapitalbeteiligung an der Muttergesellschaft in der Lage sein, maßgeblichen Einfluss auf den Inhalt der Gesellschafterbeschlüsse der Tochter-GmbH zu nehmen.

10. Individuelle Beratung zur Sozialversicherungspflicht beim GmbH-Geschäftsführer

Eine Überprüfung der Sozialversicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführer anhand der vertraglichen Verhältnisse kostet nicht einmal viel Geld, da für versierte Rechtsanwälte ein Blick in die folgenden Unterlagen ausreichend ist:

  • Aktueller Gesellschaftsvertrag der GmbH;
  • Handelsregisterauszug;
  • Gesellschafterliste;
  • Geschäftsführeranstellungsvertrag.

Sollte sich aufgrund eines Statusfeststellungsverfahrens im Rahmen einer Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung nachträglich herausstellen, dass eine Sozialversicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführer entgegen der bisherigen Behandlung zu bejahen ist, drohen der GmbH je nach Geschäftsführergehalt enorme Nachforderungen. In manchen Fällen können diese auch existenzbedrohende Ausmaße annehmen.

Wenn Sie

  • vor der GmbH-Gründung rechtliche Hilfe beim Gesellschaftsvertrag benötigen oder
  • bei bereits bestehender GmbH eine Beratung zur Sozialversicherungspflicht der Geschäftsführer

suchen, nehmen Sie bitte mit dem nachfolgenden Formular mit mir Kontakt auf.

Wichtige Ergänzung: In den meisten Fällen lässt sich der sozialversicherungsrechtliche Status eines geschäftsführenden Gesellschafters (oder eines mitarbeitenden Gesellschafters) mit einem rund 1-stündigen Zeitaufwand klären. Im 2. Schritt schlage ich Ihnen konkrete Maßnahmen vor, um eine ggf. bestehende Sozialversicherungspflicht (zumindest für die Zukunft) rechtssicher zu beenden.

Mit entsprechender Gestaltung ist es sogar möglich, den Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung zu eröffnen.

    Muster und Vorlagen für Geschäftsführer:

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