Nach der Rechtsprechung des BGH sind sog. Hinauskündigungsklauseln im Gesellschaftsvertrag einer GmbH grundsätzlich unwirksam, da sie gegen die guten Sitten verstoßen und dies nach § 138 BGB zur Nichtigkeit führt. Unter einer Hinauskündigungsklausel versteht man gesellschaftsvertragliche Regelungen, die einem Gesellschafter, einer Gruppe von Gesellschaftern oder der Gesellschaftermehrheit das Recht einräumen, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen.

Ausschluß eines Gesellschafters

Häufiges Mittel, einen Gesellschafter aufgrund der Satzung auszuschließen, ist die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Einziehung des Anteils gem. § 34 GmbHG. Es sind aber auch andere Konstellationen denkbar, z.B. die Kaduzierung des Anteils gem. § 21 GmbHG mit der Folge, daß die Gesell­schaft den kaduzierten Anteil an Mitgesellschafter oder Dritte abtreten kann, wenn diese zustimmen.

Hinauskündigungsklauseln grundsätzlich nichtig

Nach der Rechtsprechung des BGH sind solche Regelungen im Gesellschaftsvertrag einer GmbH oder in ergänzenden schuldrechtlichen Vereinbarungen grundsätzlich gem. § 138 BGB nichtig, die einem Gesellschafter, einer Gruppe von Gesellschaftern oder der Gesellschaftermehrheit das Recht einräumen, einem Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen. Solche Hinauskündigungsklauseln sind nur ausnahmsweise wirksam, wenn sie wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt sind (BGH, Urteil vom 19.09.2005, II ZR 342/03 m.w.N.).

Der von solchen Hinauskündigungsklauseln betroffene Gesellschafter ist schutzwürdig, da hier elementare Gesellschafterrechte betroffen sind.

Die freie Ausschließungsmöglichkeit kann von einem Gesellschafter als Disziplinierungsmittel empfunden werden, das ihn daran hindert, von seinen Mitgliedschaftsrechten nach eigener Entscheidung Gebrauch zu machen und seine Mitgliedschaftspflichten zu erfüllen (“Damoklesschwert”).

BGH, Urteil vom 19.09.2005, II ZR 342/03

In dem Urteil des BGH vom 19.09.1988 (II ZR 329/87) wird diesbezüglich folgendes ausgeführt:

Ausschlaggebend ist, dass nach einer derartigen Vereinbarung die das gemeinsame Unternehmen mittragenden . Gesellschafter aus sachfremden – eventuell nur emotional bedingten – Gründen ausgeschlossen werden können, und damit einer Willkürherrschaft in der Gesellschaft insgesamt Vorschub geleistet werden kann. Die Macht, einen Mitgesellschafter nach Gutdünken auszuschließen, setzt diese einem ihre Entscheidungsfreiheit beeinflussenden Druck aus, der die Gefahr begründet, daß sie unter dem Eindruck, der Willkür des ausschließungsberechtigten Gesellschafters ausgeliefert zu sein, von den ihnen nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag zustehenden Rechten keinen Gebrauch machen und ihren Gesellschafterpflichten nicht nachkommen, sich vielmehr den Wünschen des oder der berechtigten Gesellschafter beugen. Diesem Umstand ist besondere Bedeutung beizumessen, weil das Gesellschaftsverhältnis im Unterschied zum reinen Austauschvertrag auf eingedeihliches Zusammenwirken der Gesellschafter zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles angelegt ist.

BGH, Urteil vom 19.09.1988 (II ZR 329/87)

Ausnahmen von der Nichtigkeit sog. Hinauskündigungsklauseln

Allerdings können solche Hinauskündigungsklauseln im Gesellschaftsvertrag der GmbH oder in vergleichbaren schuldrechtlichen Vereinbarungen ausnahmsweise wirksam sein, wenn sie wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt ist.

In diesem Sinne erkennt der BGH solche Hinauskündigungsklauseln in besonderen Konstellationen ausnahmsweise als wirksam an:

Der ausschließungsberechtigte Gesellschafter einer GmbH übernimmt mit Rücksicht auf die enge persönliche Beziehung zu einem Mitgesellschafter die volle Finanzierung der Gesellschaft und räumt der Partnerin eine Mehrheitsbeteiligung und das Recht zur Geschäftsführung ein (BGH, Urteil vom 09.07.1990, II ZR 194/89).

Sind Hinauskündigungsklauseln an keine Vor­aussetzungen geknüpft, können sie gleich­wohl wirksam sein, wenn sie wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt sind. Welche Umstände insoweit in Betracht kommen, ist bisher wenig geklärt. Die Frage läßt sich, da es immer auf den konkreten Fall ankommt, nicht abschließend entscheiden. Unter den hier gegebenen besonderen Umständen läßt es sich jedenfalls bisher nicht ausschließen, daß das dem Beklagten eingeräumte Recht, den Anteil der Kläge­rin grundsätzlich ohne besondere Voraussetzungen zu übernehmen, wirksam begründet worden ist.

BGH, Urteil vom 09.07.1990, II ZR 194/89
   

Zeitlich begrenzte Prüfungsmöglichkeit

Eine Praxisgemeinschaft von Ärzten nimmt einen neuen Gesellschafter auf und will sich dabei eine zeitlich begrenzte Prüfungsmöglichkeit vorbehalten (BGH, Urteil vom 08.03.2004, II ZR 165/02).

Auch bei der Aufnahme eines neuen Gesellschafters in eine seit Jahren bestehende Sozietät von Freiberuflern können Gründe vorliegen, die es nach Abwägung der Interessen als gerechtfertigt erscheinen lassen, daß die Altgesellschafter auch ohne Vorhandensein eines in der Person des anderen Teils liegenden wichtigen Grundes dessen Gesellschafterstellung einseitig beenden. Das gilt erst recht, wenn es sich bei dieser Sozietät um einen Zusammenschluß von Ärzten handelt, die regelmäßig auf ihre Zulassung als Kassenärzte angewiesen und in dieser Eigenschaft besonderen öffentlich-rechtlichen Restriktionen bei der Gestaltung ihres beruflichen Zusammenwirkens ausgesetzt sind. Denn nach dem Zulassungsrecht bestehen für eine Tätigkeit als angestellter Arzt enge zeitliche Beschränkungen. Der jeweilige Zulassungsausschuß achtet zudem darauf, daß die derzeit geltenden Regeln, nach denen Ärzte nur in Rechtsform einer BGB-Gesellschaft oder Partnerschaftsgesellschaft ihren Beruf gemeinsam ausüben dürfen, nicht nur in einem formellen Sinn eingehalten werden. Für die bisherigen Gesellschafter, die einen ihnen u.U. weitgehend unbekannten Partner aufnehmen müssen, können daraus erhebliche Gefahren entstehen. So wird sich im allgemeinen erst nach einer gewissen Zeit der Zusammenarbeit herausstellen, ob zwischen den Gesellschaftern das notwendige Vertrauen besteht, vor allem ob sie in ihrer besondere ethische Anforderungen stellenden Berufsauffassung harmonieren.

BGH, Urteil vom 08.03.2004, II ZR 165/02

Ausschluß der Erben eines Mitgesellschafters

Insbesondere bei kleineren Gesellschaften mit beschränkter Haftung, aber auch im Bereich der handelsrechtlichen Personengesellschaften legt der Gesellschaftsvertrag nicht selten fest, daß bei dem Tod eines Gesellschafters
und dem darauf folgenden Eintritt der Erben in die Gesellschaft diesen durch einen oder mehrere Gesellschafter wieder gekündigt werden kann.

Die Wirksamkeit solcher Hinauskündigungsklauseln ist abhängig von der weiteren Gestaltung des Vertrages.

Ist der entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich oder im Wege der Vertragsauslegung (§ 157
BGB) zu entnehmen, daß die Hinauskündigung der Erben binnen kurzer Frist nach dem Eintritt in die Gesellschaft durchgeführt werden muß, so knüpft das Ausschließungsrecht an ein festes Tatbestandsmerkmal an. Gegen eine solche Vertragsgestaltung bestehen nicht die gegenüber einer Kündigungsregelung nach freiem Ermessen anzumeldenden Bedenken.

Der entscheidende Grund hierfür liegt darin, daß sich die ausschlußberechtigten Gesellschafter angesichts des zeitlich begrenzten Ausschließungsrechts zügig darüber Klarheit verschaffen müssen, ob man sich mit dem neuen Mitgesellschafter abfinden will oder nicht. Nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung ist daher ausgeschlossen, daß es zu einer willkürlichen und mißbräuchlichen Handhabung des Kündigungsrechts und damit zu einer nicht hinzunehmenden Gefährdung der für ein gedeihliches Zusammenwirken erforderlichen freien Willensbildung aller Gesellschafter kommen kann.

BGH, Urteil vom 19.09.1988 (II ZR 329/87)

Gesellschaftsbeteiligung nur als Annex zu einem Kooperationsvertrag der Gesellschafter

Ein solcher Ausnahmefall liegt nach Ansicht des BGH auch dann vor, wenn sich die entscheidende Bedeutung für die Beziehungen der Gesellschafter bzw. nationalen Partner zur GmbH aus einem Kooperationsvertrag ergeben, der im einzelnen die wechselseitigen Rechte und Pflichten regelt und vor allem den wirtschaftlichen Ertrag für den einzelnen Partner bestimmt.

Die Mitgliedschaft in der GmbH, von der die Gesellschafter keine nennenswerten Gewinne beziehen, stellt sich gegenüber dem Kooperationsverhältnis als ein bloßer Annex dar; sie verschafft dem einzelnen Gesellschafter keine Chancen, die nicht bereits aufgrund des Kooperationsvertrages bestehen. Die durch die Mitgliedschaft in der Beklagten eröffneten Mitwirkungsmöglichkeiten erschöpfen sich für die Gesellschafter in der Einflußnahme auf die Gestaltung des von der Beklagten betriebenen internationalen Paketnetzdienstes, indem sie in der Gesellschafterversammlung die von den Geschäftsführern vorgelegte Jahresplanung billigen, über die Entlastung der Geschäftsführung entscheiden und die Geschäftsführer bestellen bzw. abberufen, sie in ihrer laufenden Arbeit kontrollieren sowie mit darüber befinden, mit welchen Unternehmen eine Kooperation begründet oder aufrechterhalten werden soll.

Nur ein zugleich mit der GmbH durch einen Kooperationsvertrag verbundener Gesellschafter kann diese Mitgliedschaftsrechte sinnvoll ausüben. Umgekehrt ist die GmbH nach der gesamten Konstruktion des Vertragswerks aber darauf angewiesen, den an Stelle des ausgeschiedenen für das entsprechende Land neu gewonnenen Kooperationspartner in den Kreis der Gesellschafter aufzunehmen. Dem trägt die satzungsrechtliche Möglichkeit, den ehemaligen Partner auf dem Wege der calloption bzw. der Zwangseinziehung aus der Gesellschaft zu entfernen, Rechnung, indem auf diesem Weg der Gleichlauf von bestehendem Kooperationsvertrag und Gesellschaftereigenschaft hergestellt werden kann.

BGH, Urteil vom 14.03.2005 (II ZR 153/03)

Beendigung der persönlichen Mitarbeit in der Gesellschaft

Nach dem Urteil des BGH vom 20.06.1983 (II ZR 237/8) bestehen auch keine Bedenken gegen eine Satzungsklausel, nach der in einer GmbH, in der alle Gesellschafter persönlich mitarbeiten, ein Geschäftsanteil eingezogen werden kann, wenn der betreffende Gesellschafter nicht mehr für die Gesellschaft tätig ist.

Rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit des § 8 der Satzung bestehen nicht. In einer personalistisch ausgerichteten, auf die Mitarbeit aller Gesellschafter angelegten GmbH kann die Satzung ohne weiteres den Ausschluß eines Gesellschafters vorsehen, wenn dieser nicht mehr mitarbeitet. Das Ende der Mitarbeit ist ein sachlicher Grund, den Gesellschafter am künftigen Erfolg des Unter­nehmens nicht mehr zu beteiligen.

BGH, Urteil vom 20.06.1983 (II ZR 237/8)

Allerdings gilt das hier nicht ausnahmslos.

Beendet die Gesellschaft das Arbeitsverhältnis ohne sachlichen Grund willkürlich, wäre der Ausschluß – falls keine anderen Gründe vorliegen -sachlich nicht gerechtfertigt, sondern ebenfalls will­kürlich und deshalb nichtig. Dieses von der Gesellschaft willkürlich herbeigeführte Ende der Mitarbeit deckt die Satzung nicht. Legt man diese aber insoweit einschrän­kend aus, läßt sich nichts dagegen einwenden, daß ein Gesellschafter ausgeschlossen wird, weil er nicht mehr mitarbeitet.

BGH, Urteil vom 20.06.1983 (II ZR 237/8)

Managermodell und Mitarbeitermodell

Nach der Rechtsprechung des BGH können Hinauskündigungsklauseln auch beim sog. Manager- oder Mitarbeitermodell zulässig sein.

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