Die Tantieme gehört zum steuerpflichtigen Arbeitslohn der Geschäftsführer und somit zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Besteuerung erfolgt grundsätzlich in dem Jahr, in dem die Tantieme dem Geschäftsführer zufließt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH tritt der Zufluss mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein, d.h. in der Regel mit Auszahlung in bar oder durch Überweisung auf ein Konto des Geschäftsführers. Beim alleinigen und beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer gelten jedoch andere Grundsätze, die anhand der BFH-Rechtsprechung nachfolgend erläutert werden.

Zufluss der Tantieme beim Gesellschafter-Geschäftsführer

Beim alleinigen oder beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer kann der Zufluss der Tantieme unabhängig von der Auszahlung oder Gutschrift auf einem Konto schon früher vorliegen.

In diesen Fällen erfolgt der Zufluss der Tantieme ungeachtet des Zeitpunkts der Auszahlung oder Gutschrift mit Eintritt der Fälligkeit einer eindeutigen und unbestrittenen Forderung gegen die GmbH oder UG (haftungsbeschränkt).

Der alleinige oder beherrschende Gesellschafter hat es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist.

BFH, Urteil vom 08.05.2007, VIII R 13/06, BFH/NV 2007, 2249

Fälligkeit der Tantieme grundsätzlich mit Feststellung des Jahresabschlusses

Die Fälligkeit des Anspruchs des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers gegen die Gesellschaft tritt grundsätzlich mit der Feststellung des Jahresabschlusses ein, es sei denn, die Vertragsparteien haben in der Tantiemevereinbarung eine andere wirksame und fremdübliche Fälligkeit der Tantieme vereinbart.

Fällig wird der Anspruch auf Tantiemen erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbart haben.

BFH, Urteil vom 14.03.2006 (I R 72/05, BFH/NV 2006, 1711, unter II.2.c); BFH, Urteil vom 03.02.2011 (VI R 66/09, BFHE 232, 497, BStBl II 2014, 491, Rz 13 m.w.N.)

Beim alleinigen oder beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH kommt es hinsichtlich der Fälligkeit zunächst darauf an, wann der maßgebliche Jahresabschluss durch die Gesellschafterversammlung festgestellt wird.

Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung

Diesbezüglich ist zu unterscheiden zwischen der Aufstellung des Jahresabschlusses, seiner Feststellung und der Ergebnisverwendung. Mit der Aufstellung des Jahresabschlusses erfüllen die Geschäftsführer ihre organschaftliche Bilanzierungspflicht. Davon zu unterscheiden ist die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung, mit der die Gesellschafter die Richtigkeit des Zahlenwerks anerkennen. Hierbei handelt es sich um einen konstitutiv wirkenden Akt der Gesellschafter mit dem Zweck, die Rechtsgrundlage für das Folgejahr zu fixieren und ihre Ansprüche und Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft zum Bilanzstichtag festzulegen (BGH, Urteil vom 02.03.2009, II ZR 264/07, unter II.2.b).

Erst die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung führt zu entsprechenden Ansprüchen und Verbindlichkeiten der Gesellschaft und der Gesellschafter. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Jahresabschluss ein rechtliches Nullum und lediglich ein Entwurf der Geschäftsführer (BGH, Urteil vom 24.01.1985, I ZR 201/82, BGHZ 93, 307). Ohne Feststellung besteht keine Grundlage für etwaige Ansprüche eines Gesellschafters gegen die GmbH, selbst dann, wenn es sich um einen beherrschenden Gesellschafter handelt (im Ergebnis ebenso FG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.11.1996 , 8 K 108/95, EFG 1997, 872).

Dies gilt selbst dann, wenn die Feststellung des Jahresabschlusses nicht fristgerecht erfolgt ist. Eine vorgezogene (fiktive) Fälligkeit kann der noch nicht existente Jahresabschluss nicht bewirken. Denn der konkrete Anspruch entsteht (erst) mit der Feststellung des Jahresabschlusses.

BFH Urteil v. 28.04.2020, VI R 44/17, BStBl 2021 II S. 392

Der festgestellte Jahresabschluss bildet wiederrum die Grundlage für den nachfolgenden Beschluss der Gesellschafter über die Ergebnisverwendung.

Vereinbarung der Fälligkeit in der Tantiemevereinbarung

Allerdings trifft man häufig auf die Regelung in Tantiemevereinbarungen, dass die “Fälligkeit der Tantieme jeweils einen Monat nach Genehmigung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung eintritt”.

Enthält die Tantiemevereinbarung im Rahmen des Geschäftsführervertrages eine vertraglich wirksam vereinbarte Fälligkeit, ist diese auch beim alleinigen oder beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer für den Zeitpunkt des Zuflusses der Tantieme relevant.

Diese vom Grundfall abweichende Fälligkeitsvereinbarung ist zivilrechtlich wirksam. Die zivilrechtlich wirksame Regelung in einem Anstellungsvertrag zwischen einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer und „seiner“ Kapitalgesellschaft sind grundsätzlich auch im Steuerrecht beachtlich.

BFH, Urteil v. 28.04.2020, VI R 44/17, BStBl 2021 II S. 392

Ob im Hinblick auf § 42 AO etwas anderes gilt, wenn der beherrschende Gesellschafter die fristgerechte Feststellung des Jahresabschlusses i.S.d. § 42a Abs. 2 GmbHG zielgerichtet hinauszögert, hat der BFH in seinem Urteil vom 28.04.2020 offen gelassen.

Beispiel zum Zufluss der Tantieme beim Gesellschafter-Geschäftsführer

Die ABC-GmbH hat in der Bilanz zum 31.12.2019 für ihren alleinigen Geschäftsführer eine Tantieme in Höhe von 120.150 Euro als sonstige Rückstellung ausgewiesen. Die Bilanz wird im Dezember 2020 festgestellt. Im Geschäftsführeranstellungsvertrag ist vereinbart, dass die Tantieme jeweils vom Jahresüberschuss der Handelsbilanz nach Verrechnung mit Verlustvorträgen und vor Abzug der Körperschaft- und Gewerbesteuer zu berechnen ist. Fällig ist die Tantieme einen Monat nach Genehmigung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung. Die tatsächliche Auszahlung der Tantieme erfolgte im April 2021.

In diesem Fall fließt die Tantieme dem Geschäftsführer im Januar 2021 zu, da die Feststellung des Jahresabschlusses im Dezember 2020 erfolgte und der Geschäftsführeranstellungsvertrag die Regelung enthält, dass die Tantieme einen Monat später fällig wird.

Muster und Vorlagen für Geschäftsführer:

formblitz-muster-vorlagen-pakete