Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) üben Geschäftsführer einer GmbH nur dann eine selbstständige Tätigkeit aus, wenn sie aufgrund ihrer Gesellschafterstellung eine umfassende Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung besitzen. Hierfür benötigen sie eine gesellschaftsvertragliche Rechtsmacht, die ihnen einen maßgeblichen Einfluss auf Gesellschafterbeschlüsse ermöglicht, um dadurch die Geschicke der Gesellschaft umfassend mitzubestimmen.

Nur umfassende Sperrminorität führt zu selbständiger Tätigkeit des Geschäftsführers

Seit den Urteilen des BSG in den Jahren 2012 und 2015 ist die Sperrminorität eines geschäftsführenden Gesellschafters ein wesentliches Kriterium im Rahmen der Beurteilung der Sozialversicherungspflicht durch die Deutsche Rentenversicherung und die Sozialgerichte.

Eine Sperrminorität ist zu bejahen, wenn der Gesellschafter aufgrund seiner Beteiligung am Stammkapital unliebsame Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung verhindern kann.

Beim Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Anteil am Stammkapital unter 50 % kommt es auf die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages an, ob einzelne Gesellschafter eine Sperrminorität besitzen. Ist für einen Beschluss der Gesellschafterversammlung die einfache Mehrheit erforderlich, kann dieser Gesellschafter nach gesetzlicher Regelung einen Beschluss gegen seinen Willen nicht verhindern. Dieser Gesellschafter hat somit keine Sperrminorität. Ist für einen Gesellschafterbeschluss eine qualifizierte Mehrheit von drei Vierteln (75 %) erforderlich, wäre dies jedoch zu bejahen, wenn die Beteiligungsquote des Gesellschafters die Schwelle von 25 % übersteigt. Hierfür wäre jedoch eine explizite Regelung im Gesellschaftsvertrag der GmbH erforderlich (in Abweichung von den üblichen Standard-Verträgen einer GmbH).

Wie ist der Status des geschäftsführenden Gesellschafters zu beurteilen, wenn der Gesellschaftsvertrag nur für bestimmte Entscheidungen der Gesellschafterversammlung eine qualifizierte Mehrheit von 75 % erforderlich ist?

Diese Frage hat das BSG mit Urteil vom 01.02.2022 (B 12 KR 37/19 R) wie folgt entschieden:

Der Kläger ist lediglich mit 49 % am Kapital der GmbH beteiligt. Die für einen Minderheitsgesellschafter erforderliche “echte”, die gesamte Unternehmenstätigkeit umfassende Sperrminorität räumt der Gesellschaftsvertrag nicht ein. Dieser sieht nur für bestimmte Beschlüsse ein Mehrheitserfordernis von 75 % vor.

BSG, Urteil vom 01.02.2022 (B 12 KR 37/19 R)

Sonderrecht zur Geschäftsführung für Statusbeurteilung irrelevant

Darüberhinaus hatte das BSG in dem Rechtsstreit zu entscheiden, ob ein gesellschaftsvertraglich eingeräumtes Sonderrecht zur Geschäftsführung einen Einfluss auf die Statusbeurteilung bei einem geschäftsführenden Gesellschafter hat. Dies hat das BSG in dem Urteil vom 01.02.2022 (B 12 KR 37/19 R) ebenfalls abgelehnt:

Das Sonderrecht zur Geschäftsführung verhindert zwar eine jederzeitige Abberufung als Geschäftsführer und schränkt womöglich Weisungen im Bereich der gewöhnlichen Geschäftsführung ein. Es verleiht dem Geschäftsführer aber keine Gestaltungsmacht, kraft derer er auf alle Gesellschafterentscheidungen und damit auf die gesamte Unternehmenspolitik Einfluss nehmen könnte. Selbst wenn aus dem Sonderrecht abgeleitet würde, ein Geschäftsführer könne sich deshalb sanktionslos weisungswidrig verhalten, wäre eine derartige “Unrechts”-Macht nicht geeignet, die satzungsrechtlichen Mehrheitsverhältnisse innerhalb der GmbH zu verschieben. Der auf wichtige Gründe beschränkte Widerruf der Geschäftsführerbestellung vermag eine durch den Gesellschaftsvertrag bereits eingeräumte Rechtsmacht zwar nicht infrage stellen, kann diese aber auch nicht begründen.

BSG, Urteil vom 01.02.2022 (B 12 KR 37/19 R)

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