X

Einzelunternehmen in GmbH richtig umwandeln

Die Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine GmbH stellt eine bedeutende strategische Entscheidung für Unternehmer dar, die angesichts der vielen komplexen rechtlichen und steuerlichen Fragen nicht ohne professionelle Beratung zu meistern ist.

Eines der Kernthemen in diesem Prozess ist die Sicherstellung, dass der Inhaber des Einzelunternehmens keine versteckte stille Reserven im Unternehmen aufdecken und (nachträglich) versteuern muss. In diesem Kontext ist es für Unternehmer und Berater von entscheidender Bedeutung, dass sie die Vermögenswerte des Einzelunternehmens im Rahmen einer Ausgliederung oder Einbringung korrekt und unter Fortführung der Buchwerte in die neue GmbH überführen.

Neben den gesetzlichen Regelungen bietet die Rechtsprechung der Finanzgerichte, vor allem die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH), diesbezüglich wichtige Orientierungspunkte. In diesem Artikel möchte ich auf die Frage vieler Einzelunternehmer eingehen, die im Rahmen von Erstberatungen zur Umwandlung des Einzelunternehmens in eine GmbH häufig auftaucht: Kann man das Einzelunternehmen nicht einfach an die GmbH zum Buchwert verkaufen oder mit dieser fortführen und nach einer Übergangszeit abmelden?

Inhalt:

  1. Einzelunternehmen in GmbH richtig umwandeln
  2. Verkauf des Einzelunternehmens an die GmbH (Verkaufsmodell)
  3. Fortführung des Einzelunternehmens mit der GmbH (verdeckte Einlage)
  4. Versteckte stille Reserven in einem Einzelunternehmen
  5. Wie das Finanzamt ein Einzelunternehmen bewertet
  6. Erstberatung zur Umwandlung des Einzelunternehmens in eine GmbH

1. Einzelunternehmen in GmbH richtig umwandeln

Die Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine GmbH kann auf verschiedene Weise erfolgen, wobei jede Variante spezifische Vor- und Nachteile hat und individuell anhand der Gegebenheiten ausgewählt werden sollte. Diese Entscheidung betrifft vorrangig Einzelunternehmen, die ein signifikantes Wachstum erfahren haben und aufgrund hoher Gewinne eine steuerlich optimierte Struktur benötigen. Häufig sind es Inhaber von Online-Shops, Unternehmensberater, Software-Entwickler und IT-Firmen, von denen viele hohe sechsstellige Gewinne, einen festen Kundenstamm, bis zu fünf Mitarbeiter und ein überschaubares Anlagevermögen haben. Insbesondere IT Firmen in Hamburg, München oder anderen wirtschaftsstarken Regionen setzen sich mit diesem Thema auseinander.

Als Varianten der steuerneutralen Umwandlung von Einzelunternehmen in eine GmbH sieht der Gesetzgeber die Ausgliederung nach Umwandlungsgesetz (UmwG) und die Einbringung gem. Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) vor, die beide zur Neugründung einer GmbH oder zur Aufnahme in eine bestehende GmbH im Rahmen einer Kapitalerhöhung möglich sind.

Für eine steuerneutrale Gestaltung der Umwandlung des Einzelunternehmens in eine GmbH ist gem. § 20 UmwStG die Übertragung aller funktionell wesentlichen Betriebsgrundlagen des Einzelunternehmens auf die GmbH zwingend notwendig. Zudem ist erforderlich, dass der Inhaber des Einzelunternehmers im Gegenzug für die Übertragung neue Gesellschaftsanteile an der GmbH erhält. Diese unterliegen dann einer siebenjährigen Sperrfrist. Die Bildung der neuen Geschäftsanteile ist anlässlich der GmbH-Gründung oder im Rahmen einer Kapitalerhöhung möglich.

Erfolgt die Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen aber im Rahmen eines Verkaufs an die GmbH oder im Wege der verdeckten Einlage, fehlt es an dieser Voraussetzung, sodass diese Varianten nicht steuerneutral sind. Es kommt zur Aufdeckung der versteckten stillen Reserven, die für einen Laien nur schwer zu erkennen sind.

2. Verkauf des Einzelunternehmens an die GmbH

Wie diverse Urteile der Finanzgerichte zum Verkauf eines Einzelunternehmens an eine neu gegründete GmbH zeigen, werfen diese Sachverhalte diverse komplexe Fragen auf, unter anderem auch zur korrekten Bewertung des Einzelunternehmens.

Verkauft der Inhaber eines Einzelunternehmens sämtliche Wirtschaftsgüter und die damit verbundenen Verbindlichkeiten an eine neu gegründete GmbH, geht infolge dieses Verkaufs und der Fortführung des Einzelunternehmens durch die GmbH auch der Geschäftswert über. In diesem Kontext ist auch ein selbst geschaffener Geschäftswert des Einzelunternehmens ein einlagefähiges Wirtschaftsgut.

Die weitere steuerrechtliche Beurteilung des Sachverhalts ist davon abhängig, ob der Geschäftswert im Kaufpreis Berücksichtigung gefunden hat oder nicht. Erfolgte der Verkauf des Einzelunternehmens ohne Berücksichtigung des Geschäftswerts, so kann der auf die GmbH übergehende Geschäftswert Gegenstand einer verdeckten Einlage sein.

  1. Verkauft ein Steuerpflichtiger sein Einzelunternehmen an eine zuvor von ihm bar gegründete GmbH und bemisst sich der Kaufpreis nur nach den von dem Einzelunternehmen bilanzierten Aktiva und Passiva, so kann der übergehende Geschäftswert Gegenstand einer verdeckten Einlage sein.
  2. In diesem Fall sind die in dem eingelegten Geschäftswert enthaltenen stillen Reserven von dem Gesellschafter gemäß § 16 Abs. 3 S. 1 und 3 EStG zu versteuern
BFH, Urteil vom 24.3.1987, I R 202/83

Die verdeckte Einlage eines Wirtschaftsguts aus einem Betriebsvermögen in eine Kapitalgesellschaft führte nach gefestigter Rechtsprechung des BFH auch schon vor In-Kraft-Treten des § 6 Abs. 6 S. 2 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 zwingend zu einer Gewinnrealisierung durch Verwirklichung des Tatbestands der Entnahme- bzw. Betriebsaufgabe durch den Einlegenden. Dies galt auch für den verdeckt eingelegten originären Geschäftswert (grundlegend dazu das Urteil des BFH vom 24.03.1987, I R 202/83).

Verdeckte Einlagen sind – im Gegensatz zu offenen Einlagen im Rahmen einer förmlichen Umwandlung gegen Gewährung neuer Gesellschaftsanteile – Zuwendungen eines einlagefähigen Vermögensvorteils seitens eines Anteilseigners oder einer ihm nahe stehenden Person an seine Kapitalgesellschaft ohne adäquate Gegenleistung, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat (BFH, Urteil vom 9.11.2010, IX R 24/09; BFH, Urteil vom 20.1.2016, II R 40/14).

3. Einzelunternehmen mit der GmbH fortführen

Nicht selten taucht im Rahmen einer Beratung zur Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine GmbH die Frage auf, ob es nicht schneller und günstiger wäre, das Einzelunternehmen einfach mit der GmbH fortzuführen und nach einer gewissen Übergangszeit abzumelden.

Dazu ist anzumerken: Überlässt der Einzelunternehmer einer neu gegründeten GmbH nicht nur sämtliche bilanziell erfassten Aktiva, sondern auch die maßgeblichen geschäftswertbildenden immateriellen Faktoren, wie insbesondere den Ruf des Unternehmens, den Kundenstamm und die Betriebsorganisation – und zwar endgültig und nicht nur vorübergehend (im Wege der Verpachtung), geht auch ein originärer und deshalb in der Bilanz des Einzelunternehmens zu Recht (vgl. § 5 Abs. 2 EStG) nicht ausgewiesener Geschäftswert auf die GmbH über. Dies gilt erst recht, wenn auch die Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen gemäß § 613a BGB auf die GmbH übergehen.

Hierzu die Leitsätze des Urteils des BFH vom 16.6.2004, X R 34/03:

  1. Die verdeckte Einlage von Wirtschaftsgütern des bisherigen Einzelunternehmers und jetzigen Besitzunternehmers in das Betriebsvermögen einer zuvor zwischen dem Besitzunternehmer und einem nahen Angehörigen im Wege der Bargründung errichteten GmbH (Betriebsgesellschaft) führt zu einer Entnahme der betreffenden Wirtschaftsgüter durch den Besitzunternehmer gemäß § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG und damit zu einer Gewinnrealisierung in Höhe des Bruchteils, welcher der Beteiligungsquote des nahen Angehörigen (Nur-Betriebsgesellschafters) an der Betriebs-GmbH entspricht.
  2. Übertrug der Besitzunternehmer vor In-Kraft-Treten des § 6 Abs. 6 S. 2 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 Teile seines Betriebsvermögens teilentgeltlich (hier: gegen Buchwertentgelt) auf die Betriebs-GmbH, so sind die Übertragungsvorgänge hinsichtlich jedes einzelnen Wirtschaftsguts im Verhältnis des Entgelts zum Teilwert in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzusplitten. Hinsichtlich der entgeltlichen Teile liegen (gewinnrealisierende) Veräußerungsgeschäfte und bezüglich der unentgeltlichen Teile verdeckte Einlagen vor.
  3. Werden bei der Begründung einer Betriebsaufspaltung sämtliche Aktiva und Passiva einschließlich der Firma mit Ausnahme des Immobilienvermögens auf die Betriebsgesellschaft übertragen und das vom Besitzunternehmer zurückbehaltene Betriebsgrundstück der Betriebsgesellschaft langfristig zur Nutzung überlassen, so geht der im bisherigen (Einzel-)Unternehmen entstandene (originäre) Geschäftswert grundsätzlich auf die Betriebsgesellschaft über.
BFH, Urteil vom 16.6.2004, X R 34/03

Kurzum: Wird der Betrieb eines Einzelunternehmens außerhalb von § 20 UmwStG auf die GmbH übertragen, so gehen sämtliche stillen Reserven (insbesondere in Form des Kundenstamms und des davon getrennt zu behandelnden Geschäftswerts) auf die GmbH über. Entsprechendes gilt, wenn eine freiberufliche Kanzlei oder Praxis auf eine GmbH übertragen wird. Die GmbH wird regelmäßig Trägerin des Geschäfts- oder Praxiswerts, der in der ersten Bilanz der GmbH nach Übertragung entsprechend mit dem Teilwert (vgl. § 8 Abs. 1 KStG) anzusetzen und auszuweisen ist. Entsprechendes muss aufseiten des einlegenden Gesellschafters gelten. Bei ihm ist die Einlage in die Kapitalgesellschaft zugleich Entnahme aus dem Betriebsvermögen, wenn das eingelegte Wirtschaftsgut bis zur Einlage zu einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehörte.

4. Versteckte stille Reserven in einem Einzelunternehmen

Voraussetzung für einen einlagefähigen Vermögensvorteil ist, dass Gegenstand der Einlage ein bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut ist. Als verdeckte Einlagen sind demnach alle Wirtschaftsgüter geeignet, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft durch den Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens oder durch den Wegfall oder die Verminderung eines Passivposten mehren (BFH, Urteil vom 6.11.2003, IV R 10/01; H 4.3 (1) „Verdeckte Einlage“ EStH 2017).

Maßgebend ist das Bilanzrecht (BFH-Urteil vom 24.5.1984, I R 166/78). Entscheidend ist hiernach, inwieweit Bilanzposten in eine Bilanz hätten eingestellt werden müssen (vgl. BFH-Urteil vom 23.8.2017, VI R 4/16). Auf die tatsächliche Bilanzierung kommt es nicht an. Bloße Nutzungen und Nutzungsrechte sind mangels Aktivierungsfähigkeit jedoch nicht einlagefähig.

Der Kunden- oder Mandantenstamm eines Einzelunternehmens stellt ein von anderen Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens unabhängiges, eigenständiges Wirtschaftsgut dar, das selbständig übertragen oder auch verpachtet werden kann.

Der Kunden- oder Mandantenstamm des Einzelunternehmens kann daher als bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut auch Gegenstand einer verdeckten Einlage sein. Die GmbH erwirbt insoweit ein abnutzbares und abschreibungsfähiges Wirtschaftsgut, das in der ersten Bilanz nach Übertragung auszuweisen ist, unabhängig davon, ob dieses in der Ausgliederungsbilanz oder Einbringungsbilanz des Einzelunternehmens ausgewiesen wurde oder nicht.

BFH, Urteil vom 18.12.1996, I R 128-129/95; BFH, Beschluss vom 8.4.2011, VIII B 116/10

Auch der vom übrigen Anlagevermögen unabhängige Geschäftswert eines Einzelunternehmens ist nach der gefestigten Rechtsprechung des BFH ein einlagefähiges Wirtschaftsgut (BFH-Urteil vom 24.3.1987 (I R 202/83)).

5. Wie das Finanzamt ein Einzelunternehmen bewertet

Für die Frage, ob in dem Einzelunternehmen stille Reserven in Form eines Geschäftswerts enthalten sind, liefert die Bewertungsregel nach § 200 Abs. 1 BewG wichtige Anhaltspunkte. Diese zieht für die Ermittlung eines vereinfachten Ertragswerts den durchschnittlichen Gewinn des Einzelunternehmens und einen Kapitalisierungsfaktor heran, wobei ein angemessener Unternehmerlohn zu berücksichtigen ist.

6. Erstberatung zur Umwandlung des Einzelunternehmens in eine GmbH

Jede Umwandlungsvariante hat ihre spezifischen Vor- und Nachteile, die im Kontext Ihres Einzelunternehmens zu analysieren und zu bewerten sind. Die Ausgliederung des Einzelunternehmens in eine GmbH bietet insbesondere den Vorteil der partiellen Gesamtrechtsnachfolge. Diese ist vor allem dann von hohem praktischem Nutzen, wenn eine Vielzahl von Verträgen auf die übernehmende GmbH übergehen sollen. Im Vergleich dazu ist die Einbringung des Einzelunternehmens in eine GmbH mit weniger bürokratischem Aufwand verbunden, was den Prozess vereinfacht und beschleunigt. Beide Varianten eröffnen Ihnen die zahlreichen Vorteile der GmbH gegenüber dem Einzelunternehmen.

Die Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine GmbH sollte nicht ohne erfahrene Berater vollzogen werden. In der Regel empfiehlt sich eine detaillierte Erstberatung, die in meiner Kanzlei erfahrungsgemäß etwa 60 bis 90 Minuten dauert.

Schreiben Sie mir einfach eine Nachricht über das Kontaktformular am Ende dieser Seite. Natürlich begleite ich Sie im Anschluss daran auch Schritt für Schritt durch den gesamten Prozess der korrekten Umwandlung Ihres Einzelunternehmens in eine GmbH.

    Udo Schwerd:
    Related Post