Bei der Zahlung eines Honorars an die Tante des Alleingesellschafters der GmbH handelt es sich schon dann um eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA), wenn hierfür keine klare, im Vorhinein getroffene, zivilrechtlich wirksame und tatsächlich durchgeführte Vereinbarung zugrunde liegt (Verstoß gegen formellen Fremdvergleich).

Inhalt:

  1. Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)
  2. Fremdvergleich bei Leistung an nahestehende Person des Gesellschafters
  3. vGA bei Leistung an beherrschenden Gesellschafter
  4. vGA bei Leistung an nahestehende Person im Verhältnis zum beherrschenden Gesellschafter
  5. Im Vorhinein abgeschlossene und zivilrechtlich wirksame Vereinbarung

1. Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)

Eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ist eine Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung bei einer Kapitalgesellschaft, die durch das Gesellschaftsverhältnis zumindest mitveranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gem. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG (für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 GewStG) auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (st. Rspr. des BFH, vgl. z.B. Urteile vom 22.2.1989, I R 9/85, BStBl. II 1989, 631; vom 26.4.1989, I R 172/87, BStBl. II 1989, 673; vom 24.10.2018, I R 78/16, BStBl. II 2019, 570). Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auszulösen (st. Rspr. des BFH, vgl. Urteile vom 7.8.2002, I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 und vom 8.9.2010, I R 6/09, BStBl. II 2013, 186).

2. Fremdvergleich bei Leistung an nahestehende Person des Gesellschafters

Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist anzunehmen, wenn die GmbH ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person (vgl. BFH, Urteil vom 6.12.2005, VIII R 70/04, BFH/NV 2006, 722) einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (st. Rspr. des BFH, vgl. z.B. Urteil vom 16.3.1967, I 261/63, BStBl. III 1967, 626). In diesen Fällen weist das von dem Verhalten gegenüber einem fremden Dritten abweichende Verhalten der GmbH und ihres Gesellschafters auf eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hin (vgl. BFH, Urteil vom 14.3. 1990, I R 6/89, BStBl. II 1990, 795; Urteil vom 23.10.1996, I R 71/95, BStBl. II 1999, 35).

3. vGA bei Leistung an beherrschenden Gesellschafter

Bei einer Leistung der GmbH an ihren beherrschenden Gesellschafter liegt ein Indiz für eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis darüber hinaus schon dann vor, wenn hierfür keine klare, im Vorhinein getroffene, zivilrechtlich wirksame und tatsächlich durchgeführte Vereinbarung zugrunde liegt (sog. formeller Fremdvergleich, vgl. z.B. BFH, Urteil vom 17.12.1997, I R 70/97, BStBl. II 1998, 545; Urteil vom 17.1.2018, I R 74/15, BFH/NV 2018, 836, jeweils m.w.N.).

4. vGA bei Leistung an nahestehende Person im Verhältnis zum beherrschenden Gesellschafter

Erfolgt die Leistung an eine dem beherrschenden Gesellschafter nahestehende Person, ist nach st. Rspr. des BFH ebenfalls eine klare, im Vorhinein getroffene, zivilrechtlich wirksame und tatsächlich durchgeführte Vereinbarung erforderlich (vgl. BFH, Urteil vom 22.2.1989, I R 9/85, BStBl. II 1989, 631; Urteil vom 16.12.1992, I R 2/92, BStBl. II 1993, 455; Urteil vom 8.10.2008, I R 61/07, BStBl. II 2011, 62).

Dies gilt uneingeschränkt bezüglich nahestehender Personen im engeren Sinne, wie z.B. Ehegatten, Geschwister oder Eltern bzw. Kinder des beherrschenden Gesellschafters.

Demgegenüber hat der BFH in seinem Urteil vm 20.09.1990 (IV R 17/89, BStBl. II 1991, 18) offen gelassen, ob die formellen Sonderbedingungen auch für nahestehende Personen im weiteren Sinne anzuwenden sind (z.B. Onkel/Tante, Neffe/Nichte oder persönliche Freunde) oder in diesen Fällen weitere Umstände hinzutreten müssen, die auf einen fehlenden Interessengegensatz im Hinblick auf den zugewandten Vermögensvorteil hindeuten.

Solche besondere Umstände hat das FG Münster in seinem Urteil vom 16.01.2020 (10 K 3930/18) bejaht:

Im Streitfall behandelte das Finanzamt die Zahlungen der GmbH an ihre Geschäftsführerin (gleichzeitig Tante der alleinigen Gesellschafterin) aus einem Beratungsvertrag i.H.v. 60.000,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer i.H.v. 11.400,00 EUR als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Sie wurden dem steuerlichen Gewinn der GmbH außerbilanziell wieder hinzugerechnet.

Frau A war alleinige einzelvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführerin der Klägerin. Bereits als solche hatte sie weitreichenden Handlungsspielraum bei der Klägerin. Zustimmungspflichtige Geschäfte der Geschäftsführung waren im Gesellschaftsvertrag der Klägerin nicht vorgesehen. Hinzu kommt, dass Frau A in tatsächlicher Hinsicht einen sehr weitreichenden – auch über formale Kompetenzen hinausgehenden – Handlungsspielraum für sich in Anspruch nahm.

FG Münster, Urteil vom 16.01.2020, 10 K 3930/18

5. Im Vorhinein abgeschlossene und zivilrechtlich wirksame Vereinbarung

Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen einer klaren und eindeutigen sowie zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung durch den Gesellschafter bzw. die nahestehende Person. Ist die Geschäftsführern eine nahestehende Person der einzigen Gesellschafterin, ist die Vereinbarung über die Vergütung vor Erbringung der damit abzugeltenden Leistung und nicht erst vor Zahlung der Vergütung abzuschließen (vgl. BFH, Urteil vom 11.12.1991, I R 49/90, BStBl. II 1992, 434).

Eine unzulässige rückwirkende Vereinbarung liegt auch dann vor, wenn zwar die Zahlung erst nach Abschluss der Vereinbarung erfolgt, die zugrunde liegende Leistung aber bereits erbracht ist (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 17.3.1997, II 147/95, RFG 1997, 1051).

Für den Abschluss eines Geschäftsführeranstellungsvertrages ist als Annexkompetenz zur organschaftlichen Bestellung bzw. Abberufung die Gesellschafterversammlung zuständig. Dies ergibt sich aus § 46 Nr. 5 GmbHG (vgl. BGH, Urteil vom 25.3.1991, II ZR 169/90, NJW 1991, 1680). Gleiches gilt für den Abschluss eines Beratervertrages mit einem amtierenden Geschäftsführer. Dem Geschäftsführer selbst fehlt insoweit die Vertretungsbefugnis. Die Gesellschafterversammlung kann allerdings in dem Beschluss über den Anstellungsvertrag einen oder mehrere Personen bevollmächtigen, diesen umzusetzen.

Ein Gesellschafterbeschluss kann ausnahmsweise dann als Vereinbarung mit dem Geschäftsführer angesehen werden, wenn dieser als (beherrschender) Gesellschafter selbst an dem Beschluss mitgewirkt hat. Der Gesellschafterbeschluss ist insoweit als Vertragsangebot zu qualifizieren, das der Gesellschafter-Geschäftsführer wiederum durch seine Zustimmung in der Gesellschafterversammlung annimmt. Nach Auffassung des BFH erscheint es in diesem Fall nicht zwingend geboten, die in dem Gesellschafterbeschluss verkörperten Vereinbarungen in weiteren vertraglichen Urkunden „nach außen“ erkennbar werden zu lassen, da von diesem Akt wiederum nur Personen erfahren würden, die ohnehin bereits an dem Gesellschafterbeschluss beteiligt waren (vgl. BFH, Urteil vom 11.12.1991, I R 49/90, BStBl. II 1992, 434).

6. Gezahlte Umsatzsteuer ist Teil der verdeckten Gewinnausschüttung

Liegt ein Verstoß gegen den formellen Fremdvergleich vor, ist die gesamte Leistung der GmbH an den beherrschenden Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person dem Grunde nach als vGA zu behandeln.

Im Streitfall des FG Münster (Urteil vom 16.01.2020, 10 K 3930/18) wird neben dem Beratungshonorar i.H.v. 60.000,00 EUR auch die hierauf entfallende Umsatzsteuer von der Qualifizierung als verdeckte Gewinnausschüttung erfasst (vgl. BFH, Urteil vom 6.12.2005, VIII R 70/04, BFH/NV 2006, 722).

Muster und Vorlagen für Geschäftsführer:

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