Nach gefestigter BFH-Rechtsprechung ist der Anspruch des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers der GmbH auf eine Tantieme grundsätzlich mit der Feststellung des Jahresabschlusses fällig. Die Parteien können allerdings eine abweichende Regelung zur Fälligkeit des Tantiemeanspruchs treffen. Diese muss jedoch zumindest zivilrechtlich wirksam und fremdüblich sein.

Zufluss der Tantieme beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer

Die gewinnabhängige Tantieme ist regelmäßig ein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsführergehalts. Es handelt sich um eine variable, gewinnabhängige Vergütung, die den oder die Geschäftsführer angemessen am wirtschaftlichen Erfolg der GmbH beteiligen soll. Es ist wichtig, die Berechnung der Tantieme und die Fälligkeit des Anspruchs im Einzelnen im Geschäftsführeranstellungsvertrag klar zu regeln (Tantiemevereinbarung). 

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung tritt der Zufluss der Tantieme mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein (z.B. BFH, Urteil vom 1.02.2007, VI R 73/04 m.w.N.). Das ist in der Regel der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs oder der Möglichkeit, den Leistungserfolg herbeizuführen (BFH, Urteil vom 10.12.1985, VIII R 15/83). In der Regel fließen Geldbeträge durch Auszahlung in bar oder per Überweisung auf ein Konto des Empfängers zu.

Grundsatz: Fälligkeit mit Feststellung des Jahresabschlusses

Beim alleinigen oder jedenfalls beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH geht der BFH jedoch in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Zufluss von Einnahmen auch ohne Zahlung oder Gutschrift bereits früher vorliegen kann. Im Falle einer eindeutigen und unbestrittenen Forderung erfolgt der Zufluss bereits mit der Fälligkeit. Die Begründung liegt darin, dass ein beherrschender Gesellschafter regelmäßig in der Lage ist, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist (BFH, Urteil vom 8.05.2007, VIII 13/06 m.w.N.) Allerdings werden hiervon nur Gehaltsbeträge und sonstige Vergütungen erfasst, die die Kapitalgesellschaft dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer schuldet und die sich bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft ausgewirkt haben (BFH, Urteil vom 11.02.1965, IV 213/64 U).

Der Anspruch auf eine Tantieme wird also grundsätzlich mit Feststellung des Jahresabschlusses fällig (BFH, Urteil vom 14.03.2006, I R 72/05), sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbart haben.

BFH-Urteil vom 12.07.2021

Mit Urteil vom 12.07.2021 (VI R 3/19) bestätigte der BFH diese Rechtsprechung. Der Zufluss einer Tantieme erfolgt beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH grundsätzlich mit der Feststellung des zugrundeliegenden Jahresabschlusses.

1. Einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer fließen die Einnahmen aus Tantiemeforderungen gegen seine Kapitalgesellschaft, die die Gesellschaft ihrem beherrschenden Gesellschafter schuldet und die sich bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft ausgewirkt haben, bereits bei Fälligkeit zu.

2. Fällig wird der Tantiemeanspruch mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbart haben.

3. Fehlen im Anstellungsvertrag Regelungen zur Fälligkeit des Tantiemeanspruchs oder ist dort nur eine Ermächtigung zur freien Bestimmung des Fälligkeitszeitpunkts enthalten, kann der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer gleichwohl wirtschaftlich bereits im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses über seinen Tantiemeanspruch verfügen, der damit zu diesem Zeitpunkt zugeflossen ist.

BFH, Urteil vom 12.07.2021 (VI R 3/19)

Dies gilt auch dann, wenn der Geschäftsführeranstellungsvertrag des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers folgende Tantiemevereinbarung enthält:

„Der Anspruch auf Auszahlung der Tantieme wird aufgrund dieser Vereinbarung nicht mit der Feststellung des Jahresabschlusses fällig, sondern erst nach gesonderter Aufforderung durch den Geschäftsführer unter Berücksichtigung der Zahlungsmöglichkeit.“

Vertragliche Regelung zur Verlagerung der Fälligkeit der Tantieme

Mit einer vertraglichen Regelung zur Verlagerung der Fälligkeit lässt sich der Zeitpunkt der Zuflussfiktion verschieben. Voraussetzung ist allerdings eine zivilrechtlich wirksame Vereinbarung, die auch einem Fremdvergleich standhält. Dessen ungeachtet darf der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht in der Lage sein, die Fälligkeit nach seinem freien Ermessen herbeizuführen. Die Fälligkeit muss an objektive, von seinem Willen unabhängige Umstände gekoppelt werden.

Ist die Tantieme des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers gem. der Tantiemevereinbarung im Geschäftsführeranstellungsvertrag “erst drei Monate nach der Feststellung des Jahresüberschusses fällig”, handelt es sich um eine vom Grundfall abweichende Fälligkeitsvereinbarung. Eine solche zivilrechtliche Regelung im Anstellungsvertrag mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ist grundsätzlich auch im Steuerrecht beachtlich (BFH, Urteil vom 03.02.2011, VI R 66/09).

Eine verspätete Feststellung des Jahresabschlusses nach § 42a Abs. 2 GmbHG führt auch im Falle eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers nicht per se zu einer Vorverlegung des Zuflusses einer Tantieme auf den Zeitpunkt, zu dem die Fälligkeit bei fristgerechter Aufstellung des Jahresabschlusses eingetreten wäre.

BFH, Urteil vom 28.04.2020, VI R 44/17

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