Laut Urteil des BFH vom 19.04.2021 führt die Übertragung einer Pensionszusage auf einen Pensionsfonds beim Arbeitnehmer zum Zufluss von Arbeitslohn. Die von der GmbH erbrachte Ablöseleistung ist in vollem Umfang steuerpflichtig, wenn der für die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 66 EStG erforderliche Antrag nach § 4e Abs. 3 EStG nicht gestellt wird.

Übertragung der Pensionszusage auf Pensionsfonds

Gegenstand des Rechtsstreits des einstigen geschäftsführenden Gesellschafters der GmbH mit dem Finanzamt (VI R 45/18) war die Frage, ob die Übertragung einer Versorgungsverpflichtung aus einer Pensionszusage zugunsten des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers der GmbH auf einen Pensionsfonds zum Zufluss von steuerbarem Arbeitslohn führt.

Der Kläger war bis April 2010 beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH, bevor er mit 54 Jahren sämtliche Geschäftsanteile an die ABC Holding GmbH veräußerte. Anlässlich der Veräußerung der Geschäftsanteile und der damit verbundenen Abberufung als Geschäftsführer übernahm ein Pensionsfonds die Verpflichtung der GmbH aus der Pensionszusage im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge. Als Gegenleistung trat die GmbH ihre Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung in Höhe von 250.000 Euro an den Pensionsfonds ab. Zusätzlich leistete der Kläger aus eigenen Mitteln eine Einmalzahlung in Höhe von 150.000 Euro, um die Versorgungsanwartschaft bis zum Eintritt der Pensionsberechtigung beitragsfrei zu stellen.

Nach Auflösung der gebildete Pensionsrückstellung in Höhe von 230.000 Euro ergab sich bei ihr ein Aufwand in Höhe von 20.000 € (Ansprüche aus Rückdeckungsversicherung abzüglich gebildeter Pensionsrückstellung).

Einen Antrag auf Verteilung dieses Aufwands gemäß § 4e Abs. 3 EStG auf 10 Jahre stellte die GmbH nicht.

Kontrollmitteilung führt zur Änderung des Einkommensteuerbescheids

Nachdem das Finanzamt durch eine Kontrollmitteilung von der Übertragung der Pensionszusage gegen Abtretung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung Kenntnis erlangt hatte, erfolgte beim Kläger gem. § 164 Abs. 2 AO eine Änderung des Einkommensteuerbescheids für das Streitjahr. Die Änderung führte beim Kläger zu einer Hinzurechnung von steuerpflichtigem Arbeitslohn in Höhe der gebildeten Pensionsrückstellung in Höhe von 250.000 Euro. Einspruch und Klage gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid waren erfolglos.

Zufluss bei Leistungen aus Pensionszusage

Der Bezug von Arbeitslohn i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), erfolgt in dem Kalenderjahr, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 i.V.m. § 38a Abs. 1 EStG).

Das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten führt den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei und begründet damit auch noch keinen gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn. Der Zufluss erfolgt vielmehr erst mit der Erfüllung des Anspruchs, also wenn der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt (Auszahlungsphase). Im Falle einer Pensionszusage fließt Arbeitslohn folglich erst in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum verschafft.

Der Zufluss von Arbeitslohn ist ferner zu bejahen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen einen Dritten verschafft. Auch in diesem Fall wird der Zufluss aber nicht durch das Versprechen des Arbeitgebers (Pensionszusage) herbeigeführt, sondern erst durch die Erfüllung des Versprechens.

Eine solche Erfüllung des Versprechens kann auch durch Abtretung der Versicherungsbeiträge in der Weise geschehen, dass ein eigener unentziehbarer Anspruch des Arbeitnehmers auf die Versicherungsleistung entsteht (BFH, Urteil vom 22.02.2018, VI R 17/16).

Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmer sind demzufolge gegenwärtig zufließender Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber – wirtschaftlich betrachtet – dem Arbeitnehmer Beträge zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer diese zum Erwerb einer Zukunftssicherung verwendet.

Demgegenüber liegt eine Versorgungszusage vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Versorgung aus eigenen, erst im Zeitpunkt der Zahlung bereitzustellenden Mitteln zusagt; in diesem Fall unterliegen erst die späteren aufgrund der Zusage geleisteten Versorgungszahlungen der Lohnsteuer (BFH, Urteile vom 18.08.2016, VI R 18/1).

BFH, Urteil vom 19.04.2021, VI R 45/18

Zufluss von Arbeitslohn bei Übertragung der Pensionszusage auf Pensionsfonds gegen Abtretung der Versicherungsleistungen aus Rückdeckungsversicherung

Unter Anwendung der oben dargestellten Grundsätze führt die Übertragung der Pensionszusage auf den Pensionsfonds gegen Abtretung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung im gleichen Zeitpunkt zum Zufluss von Arbeitslohn beim Pensionsberechtigten.

Anstelle der Anwartschaft auf zukünftige Rentenzahlungen im Versorgungsfall gegenüber der GmbH erwirbt der Pensionsberechtigte einen eigenständigen Rechtsanspruch gegen den Pensionsfonds auf Versorgung gem. § 236 Abs. 1 Nr. 3 VAG (BMF-Schreiben vom 04.07.2017, IV C 5-S 2333/16, BStBl I 2017, 883).

Zufluss der Pensionszahlungen bei bloßem Schuldnerwechsel

Davon zu unterscheiden ist der bloße Schuldnerwechsel i.S.v. § 415 BGB, wenn die Pensionszusage zugunsten des Arbeitnehmers lediglich von einem anderen Rechtsträger übernommen wird, ohne dass sich etwas an dem Charakter der Pensionszusage oder an deren Inhalt etwas ändert. In einem solchen bloßen Austausch des Anwartschaftsschuldners fließt dem Pensionsberechtigten unabhängig von der Rechtsform des Übernehmers noch kein Arbeitslohn zu (BFH, Urteil vom 18.08.2016, VI R 46/13).

Bei der Übertragung der Direktzusage der GmbH zugunsten des Klägers auf einen anderen Rechtsträger handelt es sich nicht um den bloßen Austausch des Anwartschaftsschuldners. Vielmehr liegt eine Überleitung der betriebliche Altersversorge in Form einer Direktzusage auf eine Altersversorge durch einen Pensionsfonds und damit ein Wechsel des Durchführungsweges vor. Der Wechsel des Durchführungswegs mit nachgelagerter Besteuerung (Direktzusage) zu einem Durchführungsweg mit einer vorgelagerten Lohnbesteuerung (Pensionsfonds) führt zu lohnsteuerpflichtigen Leistungen des Arbeitgebers.

Anstelle der Anwartschaft auf zukünftige Rentenzahlungen im Versorgungsfall gegenüber dem Arbeitgeber erwirbt dieser einen eigenständigen Versorgungsanspruch gegen den Pensionsfonds. Infolgedessen wechselt durch die Übertragung der Pensionsverpflichtung nicht nur der Schuldner der Versorgungsverpflichtung, sondern der Schuldgrund und -inhalt.

Die Versorgungverpflichtung zugunsten des Versorgungsempfängers gründet nicht länger auf der erteilten Direktzusage der GmbH, sondern auf dem mit dem Pensionsfonds vereinbarten Versorgungsvertrag und dem dazu gehörenden Leistungsplan. Zudem erwirbt der Arbeitnehmer in diesem Fall anstelle der bisherigen Versorgungsanwartschaft einen eigenen Anspruch auf (Pensions-)Leistungen gegen den Pensionsfonds.

BFH, Urteil vom 19.04.2021, VI R 45/18

Ergänzend weist der BFH auch auf das Eigeninteresse des bisherigen Gesellschafter-Geschäftsführers an der Übertragung der Versorgungsverpflichtung auf den Pensionsfonds hin.

Zufluss von Arbeitslohn steuerfrei auf Antrag

Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme einer bestehenden Versorgungsverpflichtung oder Versorgungsanwartschaft durch den Pensionsfonds bleiben gem. § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei, wenn ein Antrag nach § 4d Abs. 3 EStG oder nach § 4e Abs. 3 EStG gestellt worden ist. Im vorliegenden Fall hat die GmbH den für die Steuerfreiheit erforderlichen Antrag jedoch unstreitig nicht gestellt.

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