Ist die Abgeltungssteuer verfassungswidrig? Darüber muss nun das BVerfG entscheiden, weil das Finanzgericht Niedersachsen der Ansicht ist, dass die Vorschriften über die Abgeltungsteuer in § 32d Abs. 1 i.V.m. § 43 Abs. 5 EStG mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar sind. Mit Beschluss vom 18.03.2022 hat es dem BVerfG die Vorschriften im Hinblick auf deren Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zur Prüfung vorgelegt.

Abgeltungssteuer verfassungswidrig?

In dem Beschluss vom 18.03.2022 (7 K 120/21) führt das FG Niedersachsen aus, dass die Anwendung der Vorschriften über die Abgeltungsteuer zu einer Ungleichbehandlung zwischen Beziehern privater Kapitaleinkünfte und den übrigen Steuerpflichtigen führe. Während die Bezieher von Kapitaleinkünften nach § 32d Abs. 1 EStG i.V.m. § 43 Abs. 5 EStG mit einem besonderen Steuersatz von 25 % abgeltend belastet werden, unterliegen die übrigen Steuerpflichtigen gemäß § 32a EStG einem Steuersatz von bis zu 45 %.

Allgemeines zur Abgeltungssteuer

Seit 2009 unterliegen private Einkünfte aus Kapitalvermögen der Kapitalertragsteuer in Form einer Abgeltungssteuer in Höhe von 25 % (ggf. zuzüglich SolZ und Kirchensteuer). Diese wird von der auszahlenden Stelle einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Für die Empfänger führt die Einbehaltung der Kapitalertragsteuer zu einer Abgeltung im Rahmen der Einkommensteuer. Daher der Name “Abgeltungssteuer”. Die Empfänger müssen die Einkünfte in ihrer Einkommensteuererklärung grundsätzlich nicht mehr angeben, auch wenn der persönliche Einkommensteuersatz deutlich über 25 % liegt. Liegt er darunter, können die Empfänger zuviel gezahlte Kapitalertragsteuer sogar vom Finanzamt wieder zurückfordern.

Die Vorschriften über die Abgeltungssteuer haben eine große Bedeutung für Kapitalgesellschaften und ihre Gesellschafter, da der Anwendungsbereich der Abgeltungssteuer grundsätzlich alle Einkünfte aus privatem Kapitalvermögen erfasst. Dazu gehören neben Zinsen und Dividenden an Aktionäre auch die Gewinnausschüttungen an Gesellschafter der GmbH, aber auch Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und GmbH-Geschäftsanteilen. Es gibt allerdings auch etliche Ausnahme, wie z.B. die Zinsen aus einem Gesellschafterdarlehen an die GmbH, wenn es sich um einen Gesellschafter handelt, der zu mindestens 10% am Stammkapital der GmbH beteiligt ist.

Ungleichbehandlung zwischen Beziehern privater Kapitaleinkünfte und den übrigen Steuerpflichtigen mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten

Die Einkommensteuer in Form der abgeltenden Kapitalertragsteuer wird insbesondere von den Banken, Kreditinstituten und Versicherungen „direkt an der Quelle“ einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Die Abgeltungswirkung gilt unabhängig vom individuellen Einkommensteuersatz des Empfängers, der die entsprechenden Kapitaleinkünfte nicht mehr in der privaten Einkommensteuererklärung angeben muss. Dies gilt selbst dann, wenn der persönliche Einkommensteuersatz über 25 % liegt (§ 25 Abs. 1 EStG).

Genau hieran stört sich das FG Niedersachen. Es sieht darin eine Ungleichbehandlung zwischen Beziehern privater Kapitaleinkünfte und den übrigen Steuerpflichtigen. Von der Hand zu weisen ist das nicht.

Bild von Udo Pohlmann auf Pixabay.

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