In einem aktuellen Urteil vom 19.01.2016 hatte der BGH mal wieder die Gelegenheit, die Grundsätze zur verdeckten Sacheinlage darzustellen, wie sie seit der grundlegenden Reform des GmbH-Rechts in 2008 gelten. Hiernach wird ein Gesellschafter im Falle der Bargründung einer GmbH oder Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen durch eine verdeckte Sacheinlage nicht von seiner Einlageverpflichtung befreit, aber es ist zumindest der Wert der Sacheinlage zum dem in § 19 Abs. 4 S. 3 GmbHG bezeichneten Zeitpunkt anzurechnen.

Die verdeckte Sacheinlage

Die verdeckte Sacheinlage gehört zu den Dauerthemen in der Rechtsprechung des BGH und auch in der neuerlichen Entscheidung vom 19.01.2016 (II ZR 61/15) musste der BGH die Urteile der vorangegangenen Instanzen wegen einer fehlerhaften Anwendung dieser Grundsätze korrigieren. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Mißbräuchen (MoMiG) wurde die Fallgruppe der verdeckten Sacheinlage in § 19 Abs. 4 GmbH inzwischen auch gesetzlich geregelt.

BGH-Definition Verdeckte Sacheinlage

Eine verdeckte Sacheinlage liegt nach Rechtsprechung des BGH dann vor, wenn die Gesellschafter

verabreden, dass der GmbH anstelle der satzungsgemäßen Bareinlage ein anderes Wirtschaftsgut, sei es z.B. ein Pkw oder eine Forderung, zukommen soll (BGH vom 16.01.2006, Az. II ZR 76/04).

In der Begründung der Entscheidung des BGH vom  19.01.2016 heißt es dazu wie folgt:

Eine verdeckte Sacheinlage liegt vor, wenn die gesetzlichen Regeln für Sacheinlagen dadurch unterlaufen werden, dass zwar eine Bareinlage beschlossen oder vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem Einleger aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Verwendungsabsprache einen Sachwert oder – wie in dem vorliegenden Fall – eine Forderung erhalten soll.

Beispiele:

Gesellschafter A verpflichtet sich bei Gründung der XY GmbH zur Einzahlung einer Bareinlage in Höhe von EUR 12.500,00. Unmittelbar nach Eintragung der GmbH im Handelsregister wird zwischen A und XY GmbH ein Kaufvertrag geschlossen, wonach die GmbH einen Pkw des A für einen Preis von EUR 12-500,00 erwirbt.

Gesellschafter B ist Inhaber einer Darlehensforderung in Höhe von EUR 25.000,00 gegenüber der GmbH. Anlässlich einer Kapitalerhöhung leistet er eine Bareinlage in Höhe von EUR 25.000,00, wobei diese nach Eintragung der GmbH ins Handelsregister zur Tilgung des Darlehens wieder zurückgezahlt wird.

Diesbezüglich hat der BGH in dem Urteil vom 19.01.2016 (II ZR 61/15) entschieden, dass

eine verdeckte Sacheinlage einer Altforderung des Gesellschafters sowohl dann vorliegt, wenn erst die geschuldete Bareinlage eingezahlt und sodann zur Tilgung der Gesellschafterforderung zurückgezahlt wird, als auch dann, wenn in umgekehrter Reihenfolge erst die Gesellschafterforderung getilgt und der erhaltene Betrag sodann ganz oder teilweise als Bareinlage zurückgezahlt wird.

In der Praxis wird gerne der Pkw eines Gesellschafters gewählt, den die GmbH kurz nach ihrer Gründung und Eintragung im Handelsregister kauft und dadurch zumindest ein Teil der Bareinlagen wieder an den Gesellschafter zurückfließt. Eine solche unzulässige Abrede wird nach der Rechtsprechung des BGH immer dann vermutet, wenn ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Leistung der Einlage und der Übertragung des Gegenstandes besteht (BGH vom 16.01.2006, Az. II ZR 75/04).

Verdeckte Sacheinlage befreit nicht von Einlageverpflichtung

Ist die Einlage eines Gesellschafters als verdeckte Sacheinlage zu beurteilen, befreit diese den Gesellschafter nicht von seiner Einlageverpflichtung, weder im Falle der Gründung einer GmbH noch anlässlich eine Kapitalerhöhung, d.h. er muss seine Bareinlage (nochmals) ordnungsgemäß erbringen. Der Sachwert wird jedoch gem. § 19 Abs. 4 S. 3 GmbHG auf die geschuldete Geldleistung angerechnet, wobei der betreffende Gesellschafter für den entsprechenden Wert darlegungs- und nachweispflichtig ist. Entspricht der Wert des Gegenstandes der Einlageschuld des Gesellschafters, wird diese durch die Anrechnungslösung in voller Höhe getilgt.  Ist der Wert niedriger, bleibt die Einlageschuld in Höhe der Differenz bestehen.

Verdeckte Sacheinlage einer Gesellschafterforderung

Bei verdeckter Einbringung einer Gesellschafterforderung anlässlich einer Kapitalerhöhung kann dieser Nachweis nach den Ausführungen des BGH jedoch scheitern, wenn die gegen die GmbH gerichtete Gesellschafterforderung in diesem Sinne nicht vollwertig ist.

Dies ist dann der Fall, wenn das Gesellschaftsvermögen bei Befriedigung der Forderung (in Höhe des Betrags der übernommenen Bareinlagepflicht) nicht ausreichen würde, um alle (sonstigen) fälligen Forderungen der Gesellschaftsgläubiger zu erfüllen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. Juli 2012 – II ZR 212/10). Liegt im maßgeblichen Zeitpunkt eine Überschuldung der Gesellschaft vor, ist es offensichtlich, dass die Forderung jedenfalls nicht vollwertig ist. Ob die Gesellschaft in dem maßgebenden Zeitpunkt überschuldet war, ist anhand eines Vermögensstatus der Gesellschaft (Überschuldungsbilanz) festzustellen, in dem ihre Vermögenswerte mit den Verkehrs- oder Liquidationswerten ausgewiesen sind. Bei der Ermittlung des Vermögensstands dürfen stille Reservenvberücksichtigt werden. Eine Unterbilanz schadet dagegen im Grundsatz nicht, weil der Verminderung der Aktivseite eine entsprechende Verringerung der Verbindlichkeiten gegenübersteht, die Erfüllung also bilanzneutral ist.

Auch die Altfälle von verdeckten Sacheinlagen vor Inkrafttreten des MoMiG werden von der neuen Regelung in § 19 Abs. IV GmbHG erfasst.

Anmerkung:

Vor Inkrafttreten des MoMiG war die Rechtslage so, dass die Bareinlage des Gesellschafters im Falle einer verdeckten Sacheinlage als nicht wirksam erbracht angesehen wurde und daher nicht erfüllt war. Im Falle der Insolvenz konnte der Insolvenzverwalter die Bareinlage “nochmals” fordern. Im Unterschied zur aktuellen Rechtslage wurde auch das Ausführungsgeschäft bezüglich der Einbringung des Vermögensgegenstandes in die GmbH als unwirksam angesehen mit der Konsequenz, dass der Gesellschafter im Falle der Insolvenz der GmbH “nur” einen in der Regel wertlosen Herausgabeanspruch besaß. Eine Anrechnung erfolgte nicht. Nichtsdestotrotz ist bei Bargründung einer GmbH (ebenso bei Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen) stets zu empfehlen, in zeitlichem Zusammenhang (mindestens 12 Monate) damit keine Gegengeschäfte mit der GmbH zu tätigen.

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