Mit Urteil vom 01.02.2022 hat das BSG entschieden, dass ein geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ohne umfassende Sperrminorität auch dann sozialversicherungspflichtig ist, wenn ihm im Gesellschaftsvertrag ein Sonderrecht zur Geschäftsführung eingeräumt wird.

Sozialversicherungspflicht der Geschäftsführer

Geschäftsführer einer GmbH ohne Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft sind regelmäßig als Beschäftigte der GmbH anzusehen und damit sozialversicherungspflichtig.

Auch geschäftsführende Gesellschafter unterliegen grundsätzlich der Sozialversicherungspflicht, es sei denn, sie halten mehr als die Hälfte der Anteile am Stammkapital. Eine weitere Ausnahme von der Sozialversicherungspflicht gilt für Gesellschafter-Geschäftsführer, die eine so weitreichende Rechtsmacht besitzen, daß sie durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen können.

Mit Urteil vom 14.03.2018 (BSG, Urteile vom 14.03.2018, Az. B 12 KR 13/17 R und B 12 R 5/16 R) hat das BSG hierzu wie folgt entschieden:

Ist der Geschäftsführer kein Mehrheitsgesellschafter, ist eine solche ausreichende Rechtsmacht ausnahmsweise auch dann anzunehmen, wenn er exakt 50% der Anteile hält oder bei einer noch geringeren Kapitalbeteiligung kraft ausdrücklicher Regelungen im Gesellschaftsvertrag über eine umfassende (“echte”/qualifizierte) Sperrminorität verfügt, so dass es ihm möglich ist, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern.

BSG, Urteile vom 14.03.2018, Az. B 12 KR 13/17 R und B 12 R 5/16 R)

Geschäftsführende Gesellschafter

Geschäftsführer einer GmbH üben nach der Rechtsprechung des BSG nur dann eine selbständige Tätigkeit aus, wenn sie aufgrund ihrer Gesellschafterstellung zumindest die Rechtsmacht besitzen, einen maßgeblichen Einfluss auf Gesellschafterbeschlüsse zu nehmen und dadurch die Geschicke der Gesellschaft umfassend mitzubestimmen.

Diese nunmehr schon seit Jahren bestehende Rechtsprechung hat das BSG mit Urteil vom 01.02.2022 erneut bestätigt. Es gibt doch tatsächlich noch Rechtsanwälte, die ihre Mandanten in diese aussichtlosen Prozesse führen. Das BSG wiederholt erneut, was seit 2012 immer wieder in nahezu identischen Textpassagen vorgetragen wird:

Bei einem geschäftsführender Gesellschafter, der weniger als 50% der Anteile am Stammkapital hält, ist eine selbständige Tätigkeit für die GmbH ohne Sozialversicherungspflicht nur dann zu bejagen, wenn ihm der Gesellschaftsvertrag eine “echte”, die gesamte Unternehmenstätigkeit umfassende Sperrminorität einräumt.

BSG, Urteil vom 01.02.2022 (B 12 KR 37/19 R)

Für einen geschäftsführenden Gesellschafter mit 49% der Anteile am Stammkapital ist es daher nicht ausreichend, wenn der Gesellschaftsvertrag nur für bestimmte Beschlüsse eine qualifizierte Mehrheit von 75% vorsieht.

Geschäftsführer mit Sonderrecht zur Geschäftsführung

Auch ein gesellschaftsvertraglich eingeräumtes Sonderrecht zur Geschäftsführung begründet keine selbständige Tätigkeit des Geschäftsführers, wenn daneben nicht zumindest eine “echte”, die gesamte Unternehmenstätigkeit umfassende Sperrminorität besteht (BSG, Urteil vom 01.02.2022, B 12 KR 37/19 R).

Es verhindert zwar seine jederzeitige Abberufung als Geschäftsführer und schränkt womöglich Weisungen im Bereich der gewöhnlichen Geschäftsführung ein. Es überträgt ihm aber nicht eine Gestaltungsmacht, kraft derer er auf alle Entscheidungen der Gesellschafterversammlung und damit auf die gesamte Unternehmenspolitik Einfluss nehmen könnte. Selbst wenn aus dem Sonderrecht abgeleitet würde, ein Geschäftsführer könne sich deshalb sanktionslos weisungswidrig verhalten, wäre eine derartige “Unrechts”-Macht nicht geeignet, die satzungsrechtlichen Mehrheitsverhältnisse innerhalb der GmbH zu verschieben. Der auf wichtige Gründe beschränkte Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer vermag eine durch den Gesellschaftsvertrag bereits eingeräumte Rechtsmacht zwar nicht infrage stellen, kann diese aber auch nicht begründen.

BSG, Urteil vom 01.02.2022 (B 12 KR 37/19 R)

Aus meiner Sicht war (auch) dieses Urteil des BSG vorauszusehen.

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