Laut Urteil des LSG BW vom 30.06.2021 sind mitarbeitende Kommanditisten einer GmbH & Co KG selbständig tätig, wenn deren Mitarbeit in der KG auf einem (zivilrechtlichen) Dienstvertrag beruht und sie als Mitunternehmer zu betrachten sind. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn sie aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag die Stellung eines geschäftsführenden (unternehmensleitenden) Kommanditisten innehaben oder über ein Weisungsrecht gegenüber der Komplementär-GmbH verfügen. Ein Darlehen des Kommanditisten begründet dagegen kein Unternehmerrisiko, das mit seiner Tätigkeit für die GmbH & Co. KG verbunden ist. Es entsteht allenfalls ein Haftungs- oder Ausfallrisiko, wie es mit jeder Darlehensgewährung verbunden ist.

Sozialversicherungspflicht mitarbeitender Kommanditisten

Wie ich bereits an dieser Stelle geschrieben habe, rückt die Frage der Sozialversicherungspflicht der Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft bzw. einer GmbH & Co. KG zunehmend in den Focus der Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung.

Zur Überraschung vieler Unternehmer in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft sind auch Kommanditisten bei abhängiger Beschäftigung grundsatzlich sozialversicherungspflichtig. Wie beim geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH ist die kapitalmäßige Beteiligung an der Gesellschaft alleine nicht ausreichend, um eine abhängige Beschäftigung und infolgedessen eine Sozialversicherungspflicht zu verneinen.

Hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung kommt es bei mitarbeitenden Kommanditisten in der Kommanditgesellschaft bzw. in der GmbH & Co. KG immer auf die vertraglichen Verhältnisse im Einzelfall an. Der Umfang der kapitalmäßigen Beteiligung und die vertraglichen Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft spielen eine entscheidende Rolle.

LSG BW zur Sozialversicherungspflicht mitarbeitender Kommanditisten einer GmbH & Co. KG

Dem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 30.3.2021 (L 11 BA 2509/20) liegt ein Rechtsstreit der ABC GmbH & Co. KG mit der Deutschen Rentenversicherung hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung des mitarbeitenden Kommanditisten “Alfons Huber” zugrunde. Die Deutsche Rentenversicherung bejahte im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens die Sozialversicherungspflicht, weil dieser auf Basis eines Dienstvertrages mit einer monatlichen Grundvergütung von 7.000 Euro als mitarbeitender Gesellschafter bei der ABC GmbH & Co. KG abhängig beschäftigt sei.

Beteiligungsverhältnisse bei der ABC GmbH & Co. KG

An der ABC GmbH & Co. KG sind neben Alfons Huber (25%) drei weitere Kommanditisten mit einem Kapitalanteil von jeweils 25 % beteiligt. Alle vier Kommanditisten verfügten über Einzelprokura mit der Befreiung von dem Verbot von Insichgeschäften gem. § 181 BGB. Im Gesellschaftsvertrag der ABC GmbH & Co. KG wurde neben der einfachen Mehrheit für Gesellschafterbeschlüsse vereinbart, dass dem Kommanditisten “Alfons Huber” ein Vetorecht zusteht, das er innerhalb von 2 Wochen nach Beschlussfassung bzw. nach Kenntnis vom Beschlussinhalt einzulegen hat.

Komplementärin der ABC GmbH & Co. KG ist die ABC Verwaltungs-GmbH, welche alleine zur Geschäftsführung und Vertretung der Kommanditgesellschaft berechtigt, aber kapitalmäßig an dieser nicht beteiligt ist. Von den vier Kommanditisten wurden jedoch nur die Gesellschafter “Meier” und “Müller” zum Geschäftsführer der ABC Verwaltungs-GmbH bestellt und im Handelsregister eingetragen.

Alleinige Gesellschafterin der ABC Verwaltungs-GmbH ist die XYZ GmbH & Co. KG, an der wiederrum nur die beiden Kommanditisten “Meier” und “Müller” beteiligt sind. Komplementärin und alleine zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt ist wiederum die XYZ Verwaltungs-GmbH, wobei sich diese verpflichtet hat, nur nach Weisung der Kommanditisten “Meier” und “Müller” von ihrer Geschäftsführungsbefugnis Gebrauch zu machen.

Hinweise und Ergänzungen im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens

Im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens betreffend den mitarbeitenden Kommanditisten “Alfons Huber” wies dessen Rechtsanwalt nochmals ausdrücklich darauf hin, dass diesem hinsichtlich der Gesellschafterbeschlüsse der ABC GmbH & Co. KG im Gesellschaftsvertrag ein Vetorecht eingeräumt wurden, mit welchem er jeglichen Gesellschafterbeschluss verhindern könne. Darüber hinaus sei der Kommanditist auch zum Prokuristen bestellt und als solcher alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Ferner folgte der ergänzende Hinweis, dass der Kommanditist Alfons Huber der ABC GmbH & Co. KG ein Darlehen in Höhe von 37.000 Euro gewährt habe.

Entscheidungsgründe des LSG Baden-Württemberg

Nachdem der Widerspruch gegen den Feststellungsbescheid der Deutschen Rentenversicherung und die Klage gegen den Widerspruchsbescheid erfolglos blieben, landete der Rechtsstreit beim LSG Baden-Württemberg, das die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen mit folgenden Gründen zurückgewiesen hat.

Wie ich bereits an dieser Stelle ausgeführt habe, sind bei der Beurteilung der Tätigkeit von Gesellschaftern einer Kommanditgesellschaft verschiedene Konstellationen zu unterscheiden.

Mitarbeitende Kommanditisten, die allein aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafter in der Gesellschaft tätig sind und die außerhalb des Gesellschaftsvertrages keine rechtsgeschäftlichen Beziehungen zur Gesellschaft haben, sind nicht abhängig beschäftigt, sondern selbständige Mitunternehmer (vgl hierzu Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 22.07.2020, L 5 BA 4158/19). Insoweit fehlt es bereits an einer Beschäftigung gegen Entgelt. Die Gewinnanteile, die der Kommanditist einer GmbH & Co KG erhält, sind kein Arbeitsentgelt, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 EStG).

Ich halte diese Feststellung des LSG BW für gewagt und zumindest diskussionswürdig. Es folgt dann jedoch folgende Klarstellung:

Mitarbeitende Kommanditisten, die aufgrund eines zusätzlich zum Gesellschaftsvertrag geschlossenen Vertrages gegen Entgelt für die Gesellschaft tätig sind, können sowohl abhängig beschäftigt als auch selbständig tätig sein. Bei einer GmbH & Co KG sind (mitarbeitende) Kommanditisten, deren Mitarbeit auf einem (zivilrechtlichen) Dienstvertrag beruht, selbständig tätig, wenn sie als Mitunternehmer zu betrachten sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn sie aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Regelungen die Stellung eines geschäftsführenden (unternehmensleitenden) Kommanditisten innehaben oder über ein Weisungsrecht gegenüber der Komplementär-GmbH verfügen.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kommanditist “Alfons Huber” nicht die Stellung eines geschäftsführenden Kommanditisten. Vielmehr ist er mangels einer ausdrücklichen Ermächtigung zur Geschäftsführung im Gesellschaftsvertrag nach § 164 S. 1 HGB von der Geschäftsführung ausgeschlossen.

Wie ich an dieser Stelle ausgeführt habe, kommt es bei Kommanditisten ohne gesellschaftsvertraglich eingeräumtes Recht zur Geschäftsführung darauf an, ob diese auf Basis ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der KG oder GmbH & Co. KG in der Lage sind, die Gesellschafterbeschlüsse maßgeblich zu beeinflussen. Fehlt es an einer solchen Rechtsmacht, überwiegen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung.

Im vorliegenden Rechtsstreit besitzt der Kommanditist “Alfons Huber” kein Weisungsrecht gegenüber der Komplementär-GmbH. Die Stellung als Kommanditist räumt ihm diese Rechtsmacht nicht ein. Kommanditisten einer GmbH & Co KG steht – anders als den Gesellschaftern einer GmbH – im Bereich der allein der Komplementär-GmbH obliegenden gewöhnlichen Geschäftsführung kein Weisungsrecht zu. Sie sind vielmehr nach § 164 S. 1 HGB von der Geschäftsführung ausgeschlossen und können einer Handlung der persönlich haftenden Gesellschafter nicht widersprechen. Ausgenommen sind nur Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen.

Das im Gesellschaftsvertrag der ABC GmbH & Co. KG vereinbarte Vetorecht zugunsten des Kommanditisten “Alfons Huber” ist nicht geeignet, ein solches Weisungsrecht gegenüber der Komplementär-GmbH zu begründen. Das LSG BW führt hierzu wie folgt aus:

Diese Regelung über das Vetorecht betrifft das Verhältnis der Kommanditisten zur Kommanditgesellschaft (hier zur ABC GmbH & Co. KG) und nicht das Verhältnis der Kommanditisten zur Komplementär-GmbH (hier die ABC Verwaltungs-GmbH). Aber darauf kommt es entscheidend an.

An der Einordnung der Tätigkeit des mitarbeitenden Kommanditisten “Alfons Huber” als abhängige Beschäftigung ändert sich auch unter Berücksichtigung der Prokura und des Darlehens nichts.

Der Kommanditist “Alfons Huber” ist zwar kraft Gesellschaftsvertrages als Prokurist bestellt und es steht ihm steht ein Vetorecht zu, mit dem er sämtliche ihm nicht genehme Gesellschafterbeschlüsse (der GmbH & Co KG, nicht der Komplementär-GmbH) verhindern kann. Dies ermöglicht es ihm aber dennoch nicht, Weisungen seitens der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH zu verhindern. Vorbehaltlich abweichender Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten einer Gesellschaft Sache der laufenden Geschäftsführung, nicht dagegen der Gesellschafterversammlung. Die Komplementär-GmbH leitet als alleinige Geschäftsführerin das Tagesgeschäft, nimmt für die Kommanditgesellschaft die Arbeitgeber- und Unternehmerfunktion wahr, schließt mit den Arbeitern und Angestellten Dienst- oder Arbeitsverträge ab und übt gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer die Weisungsbefugnisse des Arbeitgebers aus.

Auch das Darlehen des Kommanditisten begründet kein mit seiner Tätigkeit für die KG verbundenes Unternehmerrisiko. Der Gesellschafter übernimmt damit vielmehr nur ein Haftungs- oder Ausfallrisiko, wie es mit jeder Darlehensgewährung verbunden ist.

LSG, Urteil vom 30.3.2021 (L 11 BA 2509/20)

Spannend ist die Frage der Sozialversicherungspflicht des Kommanditisten “Alfons Huber”, wenn dieser mit mehr als 50% an der ABC GmbH & Co. KG beteiligt wäre.

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