In meinem fünften Artikel zur Einführung in die Welt der Kryptowährungen geht es um die Antworten auf die Fragen, warum Bitcoin einen Wert hat und wie dieser zu ermitteln ist. Bei den Coins und Token handelt es sich um eine neue Anlageklasse, auf die man die klassischen Modelle zur Bewertung von Wertpapieren nicht ohne weiteres anwenden kann.

Inhalt:

  1. Warum Bitcoin einen Wert besitzt
  2. Marktkapitalisierung der Kryptowährungen
  3. Modelle zur Bewertung von Bitcoin

1. Warum Bitcoin einen Wert besitzt

Bitcoin ist kein gesetzliches Zahlungsmittel. Die Volatilität ist im Vergleich zu anderen Anlageklassen extrem hoch. Es gibt weder Zinsen noch Dividenden. Eine Transaktion in der Bitcoin-Blockchain ist bisweilen langsam und teuer. Darüber hinaus besteht ein nicht unerhebliches regulatorisches Risiko. Nichtsdestotrotz sind Menschen auf der ganzen Welt heute bereit, mehr als 21.000 US-Dollar oder mehr als 21.100 Euro zu bezahlen, um einen Bitcoin zu erwerben. Warum ist das so?

Die einfachste und wenig überzeugende Erklärung im Sinne der Kritiker lautet, dass Menschen nur deshalb Bitcoin kaufen, weil sie glauben, dass der Wert steigen wird und sie bei einem späteren Verkauf einen Veräußerungsgewinn realisieren können. Ohne Zweifel ist das für viele Marktteilnehmer das ausschlaggebende Motiv, Bitcoin zu kaufen. Es gibt aber auch diejenigen in großer Zahl, die überzeugt sind, dass ihr Geld in Bitcoin besser vor Wertverlust geschützt ist als in US-Dollar, Schweizer Franken, Euro, Aktien, Silber oder Gold.

2. Marktkapitalisierung der Kryptowährungen

Laut coinmarketcap.com liegt die Marktkapitalisierung aller verfügbaren Kryptowährungen heute knapp über 1 Billion US-Dollar (Stand 20. August 2022). Am 10. November 2021 lag dieser Wert noch knapp über 3 Billionen US-Dollar, wobei davon mehr als ein Drittel allein auf Bitcoin entfiel, gefolgt von Ethereum mit circa 18%.

Die Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen ist also in weniger als 12 Monaten auf ein Drittel gefallen. Nun könnte man auf die Idee kommen, dass die Bewertung im November 2021 eine Übertreibung nach oben war, während die heutige Bewertung eine Übertreibung nach unten ist.

Infografik: Drei Billionen Dollar in Kryptowährung | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

Die Kryptowährungen haben sich in kürzester Zeit zu einer neuen Anlageklasse entwickelt, die zunehmend auch Unternehmen und institutionelle Anleger fasziniert. Innerhalb dieser Anlageklasse ist Bitcoin immer noch die dominante Kryptowährung, an deren Wert sich alle anderen orientieren. Es macht also durchaus Sinn, sich bei der Bewertung von Kryptowährungen auf Bitcoin zu konzentrieren.

Dennoch stehen alle Marktteilnehmer vor der Frage, wie man den fairen Wert von Bitcoin bestimmen kann. Wie soll man etwas einen Wert geben, das nur digital in einem Computernetzwerk existiert, aber dennoch mit einem Vielfachen einer Unze Gold bewertet wird. Die klassischen Methoden zur Bewertung von Aktien und Wertpapieren helfen jedenfalls nicht viel weiter, da Bitcoin weder Dividenden noch Zinsen auszahlt.

3. Modelle zur Bewertung von Kryptowährungen

Nachfolgend will ich einige Modelle zur Bewertung von Kryptowährungen präsentieren, wobei keines dieser Modelle zu 100% überzeugend oder zufriedenstellend ist.

Stock-to-Flow-Modelle

Die Bitcoin-Kurse werden tagtäglich rund um die Uhr nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage ermittelt. Übersteigt die Nachfrage das Angebot, steigt der Preis. Übersteigt das Angebot die Nachfrage, fällt er. Diesbezüglich sind bei Bitcoin zwei unveränderliche Besonderheiten zu beachten.

Einerseits handelt es sich bei Bitcoin um ein begrenztes Gut. Das Bitcoin-Mining ist auf das Maximum von 21 Millionen Coins begrenzt, wobei dieses Ereignis irgendwann im Jahre 2140 eintreten wird. Andererseits erfolgt das Bitcoin-Mining bis dahin nicht linear bzw. mit gleichbleibendem Angebot, sondern mit regelmäßiger Halbierung (bitcoin halving). Jede Halbierung des Angebots aus dem Bitcoin-Mining reduziert die Inflationsrate und erzeugt dadurch einen Aufwärtsdruck auf den Preis. Im Laufe der Zeit nimmt der Effekt jeder Halbierung ab, weil die Zahl der neu in Umlauf kommenden Bitcoin im Vergleich zum Bestand (Stock-to-Flow-Ratio) immer kleiner wird. Die letzte Halbierung wird voraussichtlich im Jahr 2140 stattfinden, wenn die Anzahl der Bitcoins das maximale Angebot von 21 Millionen erreicht.

Metcalfe`s Law und Netzwerkeffekt

Ein weiterer Ansatz zur Bewertung von Kryptowährungen ist das Verhältnis von Marktkapitalisierung und Anzahl der Wallet-Adressen. Betrachtet man Bitcoin nicht als Vermögenswert, sondern als Netzwerk, verdoppelt sich dessen Wert nach dem Metcalfeschen Gesetz (englisch Metcalfe’s law) mit der Anzahl der Nutzer, während die Kosten nur linear zur Nutzerzahl steigen. Der Wert eines solchen Netzwerks beruht demnach auf einem Netzwerkeffekt, bei dem der Wert des Netzwerks schneller wächst als die Anzahl der verbundenen Nutzer. Dies gilt übrigens auch für andere soziale Netzwerke wie bei der Entwicklung des Internets im Großen und Facebook oder Twitter im Kleinen.

Meines Erachtens ist die Anwendung dieses Modells nicht geeignet, zu einem beliebigen Zeitpunkt einen fairen Bitcoin-Wert zu berechnen. Es widerlegt jedoch absolut überzeugend die These der Kritiker, dass Bitcoin wertlos ist und nur eine weitere Spekulationsblase in der Geschichte der Spekulationsblasen ist. Aus meiner Sicht macht es durchaus Sinn und es wäre auch nicht das erste Mal, dass sich eine wachsende Benutzerzahl positiv auf den Nutzen und die Bewertung des Netzwerks auswirkt, was wiederrum einen positiven Effekt auf die Anziehung neuer Nutzer hat.

Preis-Kosten-Verhältnis

Eine weitere Möglichkeit zur Ermittlung des fairen Werts eines Bitcoin ist die Betrachtung der Produktionskosten. Die Idee dahinter ist, dass die Produzenten bzw. Hersteller eines Produkts (in diesem Fall Bitcoin-Miner) ihr Produkt nicht unterhalb ihrer Produktionskosten verkaufen und Verluste erleiden.

Bitcoin-Mining erfordert den Einsatz von Maschinen, Personal und Energie, vergleichbar mit der Gewinnung von Rohstoffen wie Öl, Kupfer oder Gold. Für jeden dieser Rohstoffe gibt es ein durchschnittliches Preis-Kosten-Verhältnis pro Kalenderjahr, das über die Jahre hinweg recht stabil ist.

Allerdings ist Bitcoin im Vergleich zu den anderen Rohstoffen noch recht jung, so dass sich ein stabiles Preis-Kosten-Verhältnis erst einpendeln muss. Bislang lag der Faktor zwischen 4x und 220x, wobei er sich im Durchschnitt der vergangenen Jahre dem Faktor 15x angenähert hat.

Bildnachweis: VIN JD auf Pixabay

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