Es liegt keine Betriebsaufspaltung vor, wenn der das Besitzunternehmen beherrschende Gesellschafter nur über 50% der Stimmen in der Betriebsgesellschaft verfügt. Eine Betriebsaufspaltung ist nur dann gegeben, wenn der das Besitzunternehmen beherrschende Gesellschafter auch in der Betriebsgesellschaft die Stimmenmehrheit innehat und dort in der Lage ist, seinen Willen durchzusetzen. Sind sowohl ein Elternteil als auch dessen minderjähriges Kind an der Betriebskapitalgesellschaft beteiligt, sind die Stimmen des Kindes jedenfalls dann nicht dem Elternteil zuzurechnen, wenn in Bezug auf die Gesellschafterstellung des Kindes eine Ergänzungspflegschaft angeordnet ist.

Betriebsaufspaltung im Steuerrecht

Bei der Betriebsaufspaltung wird ein Betrieb in zwei selbständige Unternehmen aufgeteilt. Die sog. Besitzgesellschaft mit dem wesentlichen Anlagevermögen überlässt dieses mittels Miet- oder Pachtvertrag der sog. Betriebsgesellschaft, die das operative Geschäft ausführt. Das Wesen der Betriebsaufspaltung im Steuerrecht besteht darin, dass die Vermietung bzw. Verpachtung des Anlagevermögens als gewerbliche Tätigkeit behandelt wird. Eine nach dem äußeren Erscheinungsbild nur vermögensverwaltende und insoweit nicht gewerbliche Tätigkeit wird eben als solche behandelt.

Die Idee der Betriebsaufspaltung wurde vor allem zur Haftungsbeschränkung geboren. Mit der Kombination unterschiedlicher Rechtsformen für den Besitz und den Betrieb eines Unternehmens lassen sich jedoch auch andere zivil- und steuerrechtliche Vorteile nutzen. Allerdings hat die Betriebsaufspaltung auch ihre Tücken, die in einer aktuellen Entscheidung des BFH vom 14.04.2021 (X R 5/19) anschaulich dargestellt werden.

Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung

Zentrale Voraussetzung für die Entstehung und das andauernde Bestehen einer Betriebsaufspaltung ist ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen. Ein solcher besteht, sobald und solange eine sachliche und personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen zu bejahen ist.

Die sachliche Verflechtung entsteht, sobald ein Unternehmen eine wesentliche Betriebsgrundlage an ein anderes gewerblich tätiges Unternehmen zur Nutzung überlässt.

Die personelle Verflechtung ist zu bejahen, wenn eine Person oder mehrere Personen zusammen (Personengruppe) sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen in der Art und Weise beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Willen durchzusetzen.

Aufdeckung stiller Reserven wegen ungewollter Beendigung einer Betriebsaufspaltung

Dem Urteil des BFH vom 14.04.2021 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der am 03.01.2010 verstorbene Vater war bis zu seinem Tod alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der XY-GmbH, deren Geschäftsgegenstand die Ausführung von Bau- und Betonbauarbeiten beinhaltete. In § 7 des Gesellschaftsvertrages der GmbH war vorgesehen, dass für die Beschlussfassung die einfache Mehrheit der Stimmen ausreichte, soweit in der Satzung oder im GmbH-Gesetz nicht zwingend eine andere Mehrheit vorgeschrieben ist. § 5 des Gesellschaftsvertrages sieht die Möglichkeit vor, den Geschäftsführer von dem Verbot eines Insichgeschäfts nach § 181 BGB zu befreien.

Die Ehefrau und Klägerin zu 1. ist die Witwe des verstorbenen GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers und alleinige Eigentümerin des bebauten Grundstücks, das an die XY-GmbH verpachtet wurde. Neben den beiden Kindern erbte sie die Häfte der Anteile an der XY-GmbH. Einer der beiden Söhne war im Streitjahr 2010 noch minderjährig.

Personelle Verflechtung unter Beteiligung minderjähriger Kinder

Nach dem Tod des Ehemannes wurde die Ehefrau und Klägerin unter Mitwirkung eines Ergänzungspflegers für das minderjährige Kind zur Geschäftsführerin der XY-GmbH bestellt.

Daraufhin stellte das Finanzamt eine Betriebsaufspaltung fest, da die Klägerin mit ihren eigenen Stimmen (1/2) und in Vertretung ihres minderjährigen Kindes sowohl in der Besitzgesellschaft als auch in der XY-GmbH (Betriebsgesellschaft) ihren Willen durchsetzen konnte.

Mit der Bestellung der Klägerin zur einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführerin sei neben der bereits bestehenden sachlichen Verflechtung auch eine personelle Verflechtung mit der GmbH eingetreten. Gegen ihren Willen habe sie als Geschäftsführerin nicht abberufen werden können. Aufgrund der deshalb vorliegenden Betriebsaufspaltung sei das Grundstück in das Besitzunternehmen der Klägerin einzulegen gewesen. Für die Zeit ab Bestellung zur Geschäftsführerin habe sie aus der Verpachtung des Grundstücks folglich gewerbliche Einkünfte erzielt. Für das nicht streitbefangene Jahr 2012 ging das Finanzamt aufgrund der Bestellung der beiden Kinder zu weiteren Geschäftsführern der GmbH von der Beendigung der Betriebsaufspaltung und einem Aufgabegewinn aus.

Der BFH war hier allerdings anderer Meinung:

1. Die personelle Verflechtung verlangt (abgesehen vom Sonderfall der faktischen Beherrschung), dass der das Besitzunternehmen beherrschende Gesellschafter auch in der Betriebskapitalgesellschaft die Stimmenmehrheit innehat und dort in der Lage ist, seinen Willen durchzusetzen; eine Beteiligung von exakt 50 % der Stimmen reicht nicht aus (Bestätigung des BFH-Urteils vom 30.11.2005, X R 56/04, BStBl II 2006, 415).

2. Sind sowohl ein Elternteil als auch dessen minderjähriges Kind an der Betriebskapitalgesellschaft beteiligt, sind die Stimmen des Kindes jedenfalls dann nicht dem Elternteil zuzurechnen, wenn in Bezug auf die Gesellschafterstellung des Kindes eine Ergänzungspflegschaft angeordnet ist.

BFH, Urteil vom 14.04.2021, X R 5/19

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