Der Versammlungsleiter in der Gesellschafterversammlung einer GmbH hat die wichtige Aufgabe, einen geregelten Ablauf der Gesellschafterversammlung zu gewährleisten, insbesondere im Falle eines Gesellschafterstreits. Das GmbH-Gesetz enthält keine ausdrücklichen Regelungen zum Versammlungsleiter. Dessen ungeachtet ist es durchaus üblich, den Versammlungsleiter in der Satzung der GmbH oder in einer Geschäftsordnung nach allgemeinen Merkmalen festzulegen oder spezifisch zu benennen. Eine wichtige Frage betrifft die Beschlußfeststellungskompetenz des Versammlungsleiters.

Der Versammlungsleiter in der Gesellschafterversammlung

Das GmbH-Gesetz enthält weder Regelungen zur Bestellung eines Versammlungsleiters noch zu dessen Aufgaben. Dennoch ist es in der Praxis durchaus üblich, dass im Gesellschaftsvertrag der GmbH oder einer Geschäftsordnung bestimmt wird, dass ein Versammlungsleiter die Gesellschafterversammlung leitet. Funktional ist er dann für die ordnungsgemäße Durchführung der Gesellschafterversammlung und Beschlussfassung der Gesellschafter zuständig. Er soll dafür Sorge tragen, dass die Gesellschafterbeschlüsse entsprechend der Regelungen im GmbH-Gesetz und in der Satzung getroffen werden.

Bestellung des Versammlungsleiters einer Gesellschafterversammlung

Enthält die Satzung der GmbH keine Regelungen zum Versammlungsleiter, können die Gesellschafter einen solchen auch per Beschluß mit einfacher Mehrheit bestimmen. Allerdings wird auch die Meinung vertreten, dass ein Versammlungsleiter nur einstimmig gewählt werden kann.

Die Wahl des Versammlungsleiters per Beschluß der Gesellschafter erfolgt in der Regel für eine einzelne Gesellschafterversammlung.

Der Versammlungsleiter muss nicht Gesellschafter der GmbH sein. Neben dem Geschäftsführer der GmbH können auch ohne weiteres außenstehende, natürliche Personen gewählt werden. Diesbezüglich ist jedoch zu empfehlen, dass diese beruflich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, also beispielsweise ein Rechtsanwalt oder Steuerberater.

Im Falle eines Gesellschafterstreits mit gegenseitiger Abberufung als Geschäftsführer dürfte der Steuerberater der GmbH ein Problem im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG haben, da hier in der Regel eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erforderlich ist.

Die Leitung der Gesellschafterversammlung durch einen auskunftsverpflichteten Geschäftsführer ist ebenfalls mit einigen Problemen behaftet, insbesondere wenn die GmbH nur einen Geschäftsführer hat.

In jedem Fall muss die gewählte Person der Wahl zum Versammlungsleiter zustimmen, kann also gegen seinen Willen hierzu nicht bestimmt werden.

Rechte und Pflichten des Versammlungsleiters

Sofern die Rechte und Pflichten des Versammlungsleiters nicht im einzelnen im Gesellschaftsvertrag der GmbH oder in einer Geschäftsordnung bestimmt werden, ergeben sich diese im wesentlichen aus seiner Leitungsfunktion.

Der Versammlungsleiter ist für den ordnungsgemäßen Ablauf der Gesellschafterversammlung verantwortlich:

  • Eröffnung der Gesellschafterversammlung;
  • Festellung der Anwesenheit und des Teilnahmerechts der Gesellschafter anhand der Gesellschafterliste;
  • Moderation der Diskussion durch die Gesellschafter;
  • Aufruf der Tagesordnungspunkte und Zählen der Stimmen.

In seiner Leitungsfunktion wird man dem Versammlungsleiter auch das Recht zusprechen müssen, den Gesellschaften das Wort zu erteilen und auch zu entziehen.

Ferner hat der Versammlungsleiter eine Pflicht zur Protokollierung der Gesellschafterversammlung, die auch durch Hinzuziehung eines Dritten als Protokollführer erfüllt werden kann. In dem Protokoll ist der wesentliche Inhalt der Beratung und Diskussion sowie die Beschlüsse der Gesellschafter aufzunehmen.

Beschlußfeststellungskompetenz des Versammlungsleiters

Eine wichtige Besonderheit betrifft die Beschlußfeststellungskompetenz des Versammlungsleiters, die entweder im Gesellschaftsvertrag oder im Beschluß der Gesellschafter mit einfacher Mehrheit erteilt wird. Nicht selten wird eine Auslegung jedoch ergeben, dass der Versammlungsleiter mit der Beschlußfeststellungskompetenz ausgestattet ist. Die Gesellschafter sind daher gut beraten, in der Satzung oder in dem Beschluß ausdrücklich darauf hinzuweisen, falls dem Versammlungsleiter die Beschlußfeststellungskompetenz nicht erteilt werden soll.

Die Feststellung eines Beschlussergebnisses erfordert ein förmliches Festhalten desselben, durch das die Unsicherheit darüber beseitigt werden soll, ob ein wirksamer Beschluss gefasst wurde.

Erfüllt ist diese Voraussetzung stets, wenn ein Versammlungsleiter diese Feststellung trifft.

BGH, Urteil vom 11.02.2008, II ZR 187/06

Hat der Versammlungsleiter keine Beschlußfeststellungskompetenz, bleibt es insbesondere im Falle eines Gesellschafterstreits häufig unklar, ob und welche Beschlüsse während einer Gesellschafterversammlung getroffen wurden.

Wenn das Ergebnis der Abstimmung in der Gesellschafterversammlung einer GmbH nicht durch einen Versammlungsleiter festgestellt ist, kann ein Gesellschafter durch Erhebung einer Feststellungsklage (§ 256 ZPO) klären, ob und mit welchem Inhalt ein Beschluss gefasst worden ist.

BGH, Urteil vom 13.11.1995, II ZR 288/94; Urteil vom 01.03.1999, II ZR 205/98; Urteil vom 11.02.2008, II ZR 187/06

Rechtsfolgen der Beschlußfeststellungskompetenz

Stellt der Versammlungsleiter einen Beschluss der Gesellschafter fest, ist dieser Beschluß gegenüber Gesellschaft, Gesellschaftern und Dritten vorläufig verbindlich. Dies gilt auch dann, wenn der Versammlungsleiter von dem Beschlussgegenstand unmittelbar selbst betroffen ist (OLG München, Urteil vom 12.1.2017, 23 U 1994/16).

Ist der Versammlungsleiter mit der Beschlußfeststellungskompetenz ausgestattet, hat er nicht nur die Stimmen zu zählen, sondern auch – vorläufig – zu entscheiden, ob einzelne Stimmen wegen eines Stimmverbots nicht zu berücksichtigen sind. Das von dem Versammlungsleiter festgestellte Beschlussergebnis ist darüber hinaus vorläufig verbindlich und kann – außer bei Nichtigkeit – nur durch eine Anfechtungsklage beseitigt werden. Bei dieser Feststellung hat der Versammlungsleiter jedoch kein Ermessen, sondern muss die gesetzlichen Regeln des § 47 GmbHG einhalten.

BGH, Urteil vom 21.06.2010, II ZR 230/08

Dies bedeutet, dass der von einem festgestellten Beschluß betroffene Gesellschafter diesen nur durch eine zulässige und begründete Anfechtungsklage wieder beseitigen kann.

Abberufung des Versammlungsleiters

Sofern der Gesellschaftsvertrag der GmbH die Person des Versammlungsleiters nach allgemeinen Kriterien oder explizit namentlich festlegt, ist für eine Abberufung wohl eine satzungsdurchbrechende Mehrheit erforderlich. Allerdings hat es der BGH in seinem Urteil vom 21.06.2010 (II ZR 230/08) offen gelassen, ob eine Abberufung auch mit einfacher Mehrheit möglich ist.

Dabei kommt es nicht darauf an, unter welchen Voraussetzungen und mit welcher Stimmenmehrheit ein satzungsmäßig bestimmter Versammlungsleiter aus seinem Amt abberufen werden kann. Denn der Beschluss über die Abwahl des Klägers als Versammlungsleiter ist weder mit der satzungsändernden Dreiviertel-Mehrheit des § 53 Abs. 2 GmbHG noch mit einfacher Mehrheit gefasst worden.

BGH, Urteil vom 21.06.2010, II ZR 230/08

Abstimmungsrecht des Gesellschafters über Abberufung als Versammlungsleiter

Soll der satzungsmäßig berechtigte Gesellschafter als Versammlungsleiter abberufen werden, hat dieser grundsätzlich das Recht, bei der Entscheidung über seine Abwahl mitzustimmen.

Weder nach § 47 Abs. 4 GmbHG noch aus dem darin zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, niemand solle als Richter in eigener Sache tätig sein, besteht insoweit ein Stimmverbot. Voraussetzung für ein Stimmverbot ist, dass aufgrund eines bestimmten Interessenkonflikts typischerweise damit zu rechnen ist, der Gesellschafter werde sich bei der Abstimmung von seinen eigenen Interessen leiten lassen und die Interessen der Gesellschaft – hier in Form des Interesses an einer korrekten und gesetzeskonformen Verhandlungsleitung und Beschlussfeststellung – hintanstellen. Davon kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden, wenn es um die Frage geht, ob der Versammlungsleiter wegen eines in Bezug auf einen Tagesordnungspunkt bestehenden Interessenkonflikts abberufen werden soll. Der Versammlungsleiter hat zwar Einfluss auf den Gang der Versammlung. Er kann aber weder Beschlussgegenstände von der Tagesordnung absetzen, noch die Versammlung vertagen.

BGH, Urteil vom 21.06.2010, II ZR 230/08

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