Mit dem nunmehr veröffentlichten BMF-Schreiben vom 10.05.2022 zu Einzelfragen zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstiger Token schafft die Finanzverwaltung deutlich mehr Klarheit und Rechtssicherheit im Umgang mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen. Insbesondere beim privaten Handel mit Kryptowährungen beseitigt das BMF-Schreiben viele Fragen und Zweifel.

BMF-Schreiben vom 10.05.2022 zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstigen Token

Knapp ein Jahr nach dem ersten Entwurf des BMF-Schreibens zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstigen Token erfolgte am 10.05.2022 die Veröffentlichung einer deutlich verbesserten Version. Das Bundesministerium der Finanzen ist sich der wachsenden Bedeutung virtueller Währungen und sonstiger Token (kurzum hier: Kryptowährungen) bewusst. Für Praktiker wie mich ist das BMF-Schreiben ein Schritt in die richtige Richtung, was die Beratung von Unternehmen und Privatleuten unterstützt.

Das BMF-Schreiben behandelt verschiedene Sachverhalte im Zusammenhang mit Kryptowährungen, die technisch erläutert und ertragsteuerrechtlich eingeordnet werden. Neben dem An- und Verkauf von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum betrifft dies insbesondere das Mining, Staking und Lending von Kryptowährungen. Dies betrifft nicht nur Unternehmen, sondern in hoher Zahl auch Privatleute, die bei diesem Megatrend dabei sein wollen.

Bei der Erarbeitung des BMF-Schreibens waren diverse Verbände und Praktiker eingebunden, aber auch einzelne Bürger, die sich mit Hinweisen und Stellungnahmen an das Bundesministerium der Finanzen gewandt haben. Eine besonders intensive diskutierte Fragen war, ob Vorgänge wie Lending und Staking im Rahmen des Steuerrechts einzuordnen sind und ob diese zu einer Verlängerung der Haltefrist hinsichtlich der Spekulationssteuer führen.

Erläuterung von Betriffen rund um virtuelle Währungen und sonstige Token

Nach ausführlichen Erläuterungen diverser Begriffe rund um virtuelle Währungen und sonstige Token (Kryptowährungen) befasst sich das nunmehr veröffentliche BMF-Schreiben vom 10.05.2022 (IV C 1 – S 2256/10003) mit deren ertragsteuerlichen Einordnung. Nachdem lange Zeit nur ein Entwurf des BMF-Schreibens vorlag, besteht nun etwas mehr Klarheit und Rechtssicherheit im Umgang mit den Kryptowährungen und den Konsequenzen im Steuerrecht.

Einheiten der Kryptowährungen sind Wirtschaftsgüter

Aus dem veröffentlichten BMF-Schreiben wird jetzt unter RdNr. 30 ff klar, dass es sich bei den einzelnen Einheiten dieser Kryptowährungen um Wirtschaftsgüter i.S.d. Steuerrechts handelt. Anhand der ständig ermittelten Marktpreise über Börsen (z. B. Börse Stuttgart Digital Exchange), Handelsplattformen (z. B. Coinbase) und Listen (z. B. coinmarketcap.com/de) sind sie einer selbständigen Bewertung zugänglich. Zu ergänzen wären die dezentralen Börsen (z.B. pancakeswap.finance), über die man mittels einer eigenen Wallet seine Kryptowährungen mit anderen tauschen kann (Swap).

Soweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG erzielt werden, handelt sich bei den erwirtschafteten Einheiten der Kryptowährungen um nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter materieller Art, die nach den allgemeinen bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen dem Anlage- oder Umlaufvermögen zuzuordnen sind. Bei Zuordnung zum Anlagevermögen sind sie unter Finanzanlagen im Sinne des § 266 Abs. 2 A. III. HGB und bei Zuordnung zum Umlaufvermögen unter sonstigen Vermögensgegenständen im Sinne des § 266 Abs. 2 B. II. 4. HGB auszuweisen.

Das BMF-Schreiben vom 10.05.2022 stellt unter RdNr. 53 klar, dass Kryptowährungen auch im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG ein „anderes Wirtschaftsgut“ sind und somit der Spekulationssteuer unterliegen können.

Wirtschaftlicher Eigentümer

Wirtschaftlicher Eigentümer ist, wer über die privaten Schlüssel verfügt und damit Transaktionen initiieren kann. Für die wirtschaftliche Zurechnung ist es jedoch unschädlich, wenn Transaktionen über Plattformen initiiert werden, die private Schlüssel verwalten oder auf deren Anweisung hin einsetzen.

Einkünfte im Zusammenhang mit Kryptowährungen

Während für die meisten noch die Realisierung von Gewinnen aus dem An- und Verkauf von Bitcoin der anderen Kryptowährungen im Vordergrund steht, kann man steuerlich relevante Einkünfte auch auf andere Weise erzielen. Das BMF-Schreiben stellt unter RdNr. 30 fest, dass insbesondere folgene Einkunftsarten in Betracht kommen:

  1. Gewerbliche Einkünfte gem. § 15 EStG;
  2. Lohn/Gehalt aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 EStG;
  3. Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 EStG;
  4. Spekulationsgewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften gem. § 22 Nummer 2 i.V.m. § 23 EStG;
  5. Sonstige Einkünfte gem. § 22 Nummer 3 EStG.

Einkünfte im Zusammenhang mit der Blockerstellung mitttels Proof-of-Work (Mining) oder Proof-of-Stake (Forging) sind grundsätzlich den Einkünften aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG zuzuordnen.

Einkünfte aus der Veräußerung von Kryptowährungen

Soweit der Inhaber von Kryptowährungen Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG erzielt, handelt es sich bei den Kryptowährungen um Betriebsvermögen. Gewinne aus der Veräußerung von Einheiten dieser Kryptowährungen sind Betriebseinnahmen.

Der private Handel mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen unterliegt der Spekulationssteuer gem. gem. § 22 Nr. 2 i.V.m. mit § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen sind somit steuerfrei, wenn diese erst nach einer einjährigen Haltefrist veräußert werden.

Spekulationssteuer beim privaten Handel

Anderenfalls fällt auf die Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen eine Spekulationssteuer an, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Die Gewinne bleiben jedoch nach § 23 Abs. 3 S. 5 EStG steuerfrei, wenn die Summe der erzielten Gewinne im Kalenderjahr (Gesamtgewinn) weniger als 600 Euro beträgt.

Für die Bestimmung der Verwendungsreihenfolge der veräußerten Einheiten gilt der Grundsatz der Einzelbetrachtung (vgl. RdNr 51). Ist eine Einzelbetrachtung nicht möglich, gelten für die Zwecke der Haltefrist die zuerst angeschafften Einheiten als veräußert. Für die Wertermittlung ist grundsätzlich die Durchschnittsmethode anzuwenden (vgl. BFH-Urteil vom 24.11.1993, X R 49/90). Zur Vereinfachung kann für die Zwecke der Wertermittlung unterstellt werden, dass die zuerst angeschafften Token zuerst veräußert wurden (First in First out, FiFo-Methode). Es gilt eine wallet-bezogene Betrachtung.

Auch in einem weiteren Punkt schafft das BMF-Schreiben Rechtsklarheit: Der Erhalt von Einheiten von Kryptowährungen im Rahmen von Staking, Lending, Airdrops etc. wird als Anschaffung dieser Einheiten definiert. Eine Veräußerung dieser Einheiten von Kryptowährungen innerhalb eines Jahres seit Anschaffung unterliegt der Spekulationssteuer gem. § 22 Nr. 2 i.V.m. mit § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG.

In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf zu achten, dass gewisse Aktivitäten im Zusammenhang mit Kryptowährungen grundsätzlich zu gewerblichen Einkünften gem. § 15 EStG führen kann. Dies betrifft insbesondere das Mining von Kryptowährungen oder der Betrieb einer Masternode.

Sehr erfreulich und ein Gewinn für die Entwicklung der gesamten Branche sowie für die Inhaber von Kryptowährungen ist die Klarstellung unter RdNr. 63 des BMF-Schreibens, dass die Verlängerung der Veräußerungsfrist auf 10 Jahre nicht zur Anwendung kommt. Damit besteht Rechtssicherheit, dass aus dem Staking von Kryptowährungen keine Verlängerung der Veräußerungsfrist auf 10 Jahre resultiert.

NFT und andere Themen noch offen

Die Veröffentlichung des BMF-Schreibens vom 10.05.2022 ist insgesamt ein großer Schritt in die richtige Richtung, was den Umgang mit Kryptowährungen im Steuerrecht angeht. Man konnte nie erwarten, dass sich das Finanzamt aus der Besteuerung von Gewinnen im Zusammenhang mit virtuellen Währungen und sonstigen Token heraushält. In vielen Punkten herrscht nun deutlich mehr Rechtsklarheit. Allerdings gibt es auch noch zahlreiche Themen, die in dem BMF-Schreiben nicht angesprochen werden.

Es gilt daher, die weitere Entwicklung der Kryptowährungen im Auge zu behalten, insbesondere auch die Rechtsprechung der Zivil- und Finanzgericht zu verfolgen.

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