Zum 01.01.2022 tritt die BGB-Reform 2022 in Kraft. Deutschlands Zivilrecht wird an die zunehmende Digitalisierung angepasst und erhält neue Regeln im Kaufrecht und insbesondere für Verbraucherverträge über Apps, Software und andere digitale Produkte. Einerseits werden die Regelungen zum Kaufrecht ergänzt, andererseits kommen neue Regelungen für Verträge, die eine Bereitstellung digitaler Produkte zum Gegenstand haben.

BGB-Reform 2022

Der frisch gekürte Justizminister Dr. Marco Buschmann kommentiert die BGB-Reform 2022 wie folgt:

Es waren geniale Juristen, die Ende des 19. Jahrhunderts das Bürgerliche Gesetzbuch entworfen haben. Doch von Apps, E-Books und Streamingdiensten wussten sie – naturgemäß – noch nichts. Heute sind diese digitalen Produkte aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Deshalb braucht das BGB ein Update. Wenn eine App nicht richtig funktioniert, müssen Verbraucherinnen und Verbraucher genauso gut geschützt sein wie beim Kauf einer Sache. Infolge der Gesetzesänderungen zum 01.01.2022 ist dies künftig gewährleistet. Endlich erhalten wir passgenaue gesetzliche Vorgaben für Verträge über digitale Produkte. Außerdem wird unser Kaufrecht in einigen wichtigen Punkten modernisiert. Für mich ist klar: Diesen großen Reformen müssen in dieser Legislaturperiode weitere folgen. Bei der Anpassung unserer Rechtsordnung an das digitale Zeitalter gibt es noch viel zu tun.“

1. Verbraucherverträge über digitale Produkte

Mit der BGB-Reform 2022 kommen einheitliche Gewährleistungsrechte für Verbraucher bei der Nutzung von digitalen Produkten wie Apps, E-Books oder Streamingdiensten. Zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (Richtlinie (EU) 2019/770) wird das BGB entsprechend erweitert.

Die wesentlichen Inhalte der BGB-Reform 2022 zur Anpassung an die Digitalisierung lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Digitale Produkte

Die neuen Regeln gelten für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern, die die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Als Oberbegriff für diese Vertragsgegenstände verwendet das Gesetz den Begriff „digitale Produkte“.

Digitale Inhalte sind Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden, zum Beispiel Software, E-Books, Musikdateien oder Videoclips. Digitale Dienstleistungen erfassen etwa Musik- und Videostreaming-Dienste, soziale Netzwerke und Online-Spiele.

Es ist unerheblich, ob es sich bei dem Vertrag um einen Kauf-, Dienst-, Werk-, Schenkungs- oder Mietvertrag handelt. Die neuen Regelungen gelten für alle Vertragsarten. Eine Ausnahme bilden hier nur Kaufverträge über Waren mit digitalen Elementen (z.B. Smartphones oder Notebooks mit Betriebssystem), für die neue kaufrechtlichen Regeln Anwendung finden.

Die Neuregelungen sind auch anwendbar auf Verträge über digitale Produkte, die „mit personenbezogenen Daten bezahlt“ werden. Ein Beispiel hierfür ist die vermeintlich kostenlose Nutzung sozialer Netzwerke, bei denen der Verbraucher vorab in die Nutzung seiner personenbezogenen Daten einwilligen muss.

Einheitliche Gewährleistungsrechte für Verbraucher

Bei Anwendbarkeit der Vorschriften für Verträge über digitale Produkte stehen Verbrauchern umfassende Gewährleistungsrechte zu:

  • Anspruch auf Nacherfüllung (gerichtet zum Beispiel auf Lieferung eines neuen, fehlerfreien digitalen Produkts);
  • Recht zur Minderung (des vereinbarten Preises);
  • Recht zur Beendigung des Vertrags
  • Schadensersatzansprüche.

Aktualisierungspflicht (Updates)

Unternehmer sind verpflichtet, Aktualisierungen (Updates) bereitzustellen, damit die digitalen Produkte vertragsgemäß bleiben. Das umfasst auch Sicherheitsupdates.

Die Länge der Aktualisierungspflicht ist davon abhängig, ob es sich um fortlaufende Vertragsbeziehungen handeln oder Einmalleistungen (Kauf).

Bei fortlaufenden Vertragsbeziehungen (z.B. Abonnements) gilt die Aktualisierungspflicht über die gesamte Vertragsdauer. Bei einmalig zu erfüllenden Verträgen wie beim Kaufvertrag gilt sie für einen Zeitraum, den Verbraucher vernünftigerweise erwarten können. Dieser Zeitraum ist flexibel. Für eine Betriebssoftware wird er zum Beispiel länger sein als für eine Software, die keine entsprechend zentrale Funktion hat.

2. Neuregelungen im Kaufrecht zum Kauf von Waren mit digitalen Elementen

Mit den Neuregelungen zum Kauf von Waren mit digitalen Elementen werden insbesondere die Gewährleistungsrechte der Verbraucher gestärkt, während das Kaufrecht innerhalb der Europäischen Union weiter harmonisiert wird.

Die neuen Regelungen werden durch das Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags ins BGB eingefügt. Es dient der Umsetzung der EU-Warenkaufrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/771 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs).

Das Gesetz führt mit Wirkung ab dem 01.01.2022 insbesondere zu folgenden Änderungen des geltenden Rechts:

Erwirbt ein Verbraucher von einem Unternehmer eine Ware mit digitalen Elementen (z.B. ein Smartphone), so gilt künftig eine Verpflichtung zur Aktualisierung (Updateverpflichtung). Auch nach Übergabe der Kaufsache müssen deren Funktionsfähigkeit und IT-Sicherheit gewährleistet werden. Die Verpflichtung besteht für den Zeitraum, in dem die Verbraucher Aktualisierungen aufgrund der Art und des Zwecks der Sache erwarten können. Maßgeblich für die Dauer der Aktualisierungspflicht sind etwa Werbeaussagen, der Kaufpreis und die Materialien, die zur Herstellung der Kaufsache verwendet wurden.

Sonderbestimmungen gibt es künftig für den Kauf von Sachen, für die eine dauerhafte Bereitstellung digitaler Elemente vereinbart ist. Dies kann ein Notebook mit integrierten und für einen bestimmten Zeitraum bereitgestellten Software-Anwendungen sein. So muss der Verkäufer etwa dafür Sorge tragen, dass die in der Sache enthaltenen digitalen Elemente während des Bereitstellungszeitraums mangelfrei sind und bleiben.

3. Verlängerte Frist für die Beweislastumkehr

Bei Verträgen mit Verbrauchern über die Bereitstellung digitaler Produkte und über den Kauf von Waren wird die Frist für die sogenannte „Beweislastumkehr“ verlängert, also für die Vermutung, dass ein aufgetretener Mangel bereits im Zeitpunkt der Bereitstellung oder Übergabe vorlag.

Diese Frist beträgt künftig ein Jahr nach Bereitstellung des digitalen Produkts oder Übergabe der Ware. Im bisherigen Verbrauchsgüterkaufrecht beträgt diese Frist sechs Monate. Von der Verlängerung ausgenommen wurde der Verkauf lebender Tiere. Für diese Verträge gilt weiterhin eine Beweislastumkehr-Frist von sechs Monaten.

Quelle: Pressemitteilung des BMJ vom 30.12.2021

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