Der Investitionsabzugsbetrag gem. § 7g EStG war ein Bestandteil der Unternehmenssteuerreform 2008 zur steuerlichen Begünstigung geplanter Investitionen kleiner und mittlerer Unternehmen. Die Bildung des Investitionsabzugsbetrags ist für neue oder gebrauchte abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens möglich, die innerhalb eines 3-jährigen Investitionszeitraums angeschafft oder hergestellt werden. Die Wirtschaftsgüter müssen dann mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden (Verbleibens- und Nutzungszeitraum gemäß § 7g Abs. 1 S. 1 EStG).

Neues BMF-Schreiben zum Investitionsabzugsbetrag

Wie ich schon in dem kürzlich erschienenen Artikel geschrieben habe, gibt es ein neues BMF-Schreiben zum Investitionsabzugsbetrag, das am 15.06.2022 vom Bundesministerium für Finanzen veröffentlicht wurde. Dieses enthält zahlreiche Antworten auf Zweifelsfragen zum Investitionsabzugsbetrag gem. § 7g EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2020.

Das BMF-Schreiben vom 15.06.2022 enthält auch ausführliche Erläuterungen zu den Folgen bei Nichteinhaltung der Verbleibens- und Nutzungsfristen gem. § 7g Abs. 4 EStG. Hiernach ist die Bildung des Investitionsabzugsbetrages rückgängig zu machen, wenn das entsprechende Wirtschaftsgut nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.

Diese Anforderung führt insbesondere dann zu Problemen, wenn es um einen Investitionsabzugsbetrag für einen Firmenwagen geht, der auch für private Zwecke genutzt wird.

BFH-Urteil zum Nachweis der betrieblichen Nutzung eines Firmenwagens

Für die Bildung eines Investitionsabzugsbetrages ist erforderlich, dass das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauf folgenden Wirtschaftsjahr ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (§ 7g Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 Nr. 2 EStG). Eine fast ausschließlich betriebliche Nutzung ist zu bejahen, wenn das Wirtschaftsgut mindestens zu 90 % in einer inländischen Betriebsstätte für betriebliche Zwecke genutzt wird (BFH, Urteil vom 06.04.2016, X R 28/14).

Der Nachweis hinsichtlich der zumindest fast ausschließlich betrieblichen Nutzung obliegt dem Steuerpflichtigen. Wie der Nachweis im Falle eines Firmenwagens zu erbringen ist, musste der BFH nun in einem aktuellen Urteil entscheiden (BFH, Urteil vom 16.03.2022, VIII R 24/19).

Streitfall zum Umfang der privaten Nutzung des Firmenwagens

Im Streitfall ging es um einen Rechtsanwalt mit Einkünften aus selbständiger Arbeit, dessen Gewinnermittlung mittels Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG erfolgte. In den Streitjahren bildete er für die künftige Anschaffung eines PKW jeweils einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG in Höhe von 20.000 Euro (2009) sowie in Höhe von 8.000 Euro (2013). Im Rahmen einer Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die in den Streitjahren angeschafften Firmenwagen auch für private Zwecke genutzt wurden. Die von dem Rechtsanwalt geführten Aufzeichnungen über die betrieblichen Fahrten seien nicht als ordnungsgemäßes Fahrtenbuch anzuerkennen, so dass der private Nutzungsanteil nach der sog. 1 %-Methode zu berechnen sei. Dementsprechend sei der Nachweis nicht erbracht, dass die beiden Fahrzeuge ausschließlich bzw. fast ausschließlich betrieblich genutzt wurden. Die in den Streitjahren gebildeten Investitionsabzugsbeträge machte der Prüfer daher rückgängig. Die hiergegen eingelegten Einsprüche und die Klage gegen die Einspruchsentscheidung blieben erfolglos.

Nachweis der ausschließlich betrieblichen Nutzung des Firmenwagens grundsätzlich durch Fahrtenbuch

Grundsätzlich ist der Nachweis der betrieblichen Nutzung eines Firmenwagens durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu führen. Allerdings hat der BFH schon mit Urteil vom 15.07.2020 (III R 62/19) klargestellt, dass der Nachweis der nahezu ausschließlich betrieblichen Nutzung des Firmenwagens eben nicht nur durch ein solches Fahrtenbuch geführt werden kann. Offen blieb allerdings, wie der Nachweis im Einzelfall ohne ein Fahrtenbuch erfolgen soll.

Nachweis der betrieblichen Nutzung des Firmenwagens nicht auf Fahrtenbuch beschränkt

Mit seinem Urteil vom 16.03.2022 bekräftigte der BFH die neuere Rechtsprechung, die den Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung nicht auf die Vorlage eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs beschränkt. Vielmehr kann der Steuerpflichtige den Nachweis nach allgemeinen Beweisgrundsätzen auch durch andere Beweismittel erbringen (BFH v. 15.7.2020, III R 62/19).

Der Nachweis über die Anteile der betrieblichen und außerbetrieblichen Nutzung eines PKW, für den ein Investitionsabzugsbetrag in Anspruch wurde, kann nicht nur durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch erfolgen, sondern auch durch andere Beweismittel (im Anschluss an BFH-Urteil vom 15.07.2020, III R 62/19).

BFH, Urteil vom 16.03.2022, VIII R 24/19

In der Rechtsprechung ist allerdings auch anerkannt: In den Fällen, in denen die Ermittlung der Privatanteile mangels eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs anhand der 1%-Regelung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG erfolgt, kann der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung des Firmenwagen nicht geführt werden. Der Durchschnittswert in Höhe von monatlich 1 % des abgerundeten Bruttolistenpreises entspricht in etwa einem Anteil der Privatnutzung von 20 bis 25 % (vgl. BFH, Beschluss vom 03.01.2006, XI B 106/05).

Nachweis der betrieblichen Nutzung des Firmenwagens nach allgemeinen Beweisgrundsätzen

Der BFH hat den Streitfall an das Finanzgericht zurückverwiesen, da der Kläger vor dem FG den Beweisantrag gestellt hatte, eine Zeugin zum Umfang der betrieblichen bzw. privaten Nutzung des Firmenwagens zu vernehmen, insbesondere zu den in den vorgelegten Listen aufgeführten Terminen des zu hören. Mit der Ablehnung dieses Beweisantritts hat das FG die ihm nach § 76 Abs. 1 FGO auferlegte Sachaufklärungspflicht verletzt, was einen Verfahrensmangel der unzureichenden Sachverhaltsaufklärung darstellt, wobei die Kläger auf dessen Rüge verzichtet können (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO).

Liegt ein Rügeverzicht vor, löst dieser den Verlust des Rügerechts aus mit der Folge, dass der Verfahrensfehler vor dem BFH nicht mehr gerügt werden kann. Im Streitfall war ein solcher Rügeverzicht jedoch abzulehnen. Zum einen hat der Kläger den Beweisantrag vor Stellung der Sachanträge ausdrücklich wiederholt und zum anderen hat er die Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG ausdrücklich gerügt.

Im vorliegenden Streitfall ist es allerdings durchaus denkbar, dass es dem Kläger ungeachtet des Beweisantritts der Vernehmung einer Zeugin nicht gelingt, die ausschließlich oder nahezu ausschließlich betriebliche Verwendung des Firmenwagens zu beweisen.

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