Im Falle der Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine GmbH ist das Bewertungswahlrecht der übernehmenden Gesellschaft gem. § 20 ff. UmwStG ein zentraler Baustein der Umstrukturierung. Eigentlich stellt die Umwandlung des Einzelunternehmens in eine GmbH eine Veräußerung gem. § 16 EStG dar, sodass die übernehmende GmbH das eingebrachte Betriebsvermögen grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen hat. Der einbringende Unternehmer muss den Veräußerungsgewinn entsprechend versteuern. Die steuerneutrale Umstrukturierung eines Einzelunternehmens in eine GmbH ist daher keine Selbstverständlichkeit, sondern nur auf Antrag und unter den Voraussetzungen der §§ 20 ff. UmwStG möglich.

Inhalt:

  1. Voraussetzungen für das Bewertungswahlrecht gem. § 20 UmwStG
  2. Einschränkungen des Bewertungswahlrechts gem. § 20 UmwStG
  3. Antrag auf Ansatz der Buchwerte oder Zwischenwerte
  4. Darlehen nicht höher als 500.000 Euro
  5. Nachweispflichten der einbringenden Unternehmer

1. Voraussetzungen für das Bewertungswahlrecht gem. § 20 UmwStG

Unabhängig von der gewählten Art der Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine GmbH wird diese als Einbringung gem. §§ 20 ff. UmwStG behandelt, wenn die dort genannten Voraussetzungen eingehalten werden. Gleiches gilt für die Einbringung oder Umwandlung einer Personengesellschaft in eine GmbH, die im Wege einer Verschmelzung, Aufspaltung oder als Formwechsel möglich ist. Für den Formwechsel ordnet § 25 UmwStG die entsprechende Anwendung der §§ 20 ff. UmwStG ausdrücklich an.

Grundsätzlich muss die übernehmende GmbH das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem gemeinen Wert ansetzen. Hiervon abweichend besteht bei Erfüllung der Voraussetzungen gem. § 20 ff. UmwStG ein Wahlrecht, das eingebrachte Betriebsvermögen entweder einheitlich mit den (fortgeführten) Buchwerten oder mit Zwischenwerten anzusetzen.

Das Bewertungswahlrecht der übernehmenden GmbH ist allerdings an die vollumfängliche Einhaltung der folgenden Voraussetzungen geknüpft:

1.1. Qualifizierter Gegenstand der Einbringung

Wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Bewertungswahlrechts gem. § 20 Abs. 2 UmwStG ist, dass ein Betrieb, Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG eingebracht wird, die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist.

Nach § 21 Abs. 1 UmwStG kommen auch sog. mehrheitsvermittelnde oder mehrheitsverstärkende Anteile an einer Kapitalgesellschaft in Betracht.

Bei Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs ist das Bewertungswahlrecht an die Übertragung mit allen funktionell wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf die übernehmende Kapitalgesellschaft geknüpft.

Eine nach § 20 UmwStG begünstigte Buchwerteinbringung setzt voraus, dass auf den übernehmenden Rechtsträger alle Wirtschaftsgüter übertragen werden, die im Einbringungszeitpunkt zu den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen des betreffenden Betriebs gehören.

BFH, Urteil vom 29.11.2017, I R 7/16

Zu den funktionell wesentlichen Betriebsgrundlagen des Betriebs gehören neben Produktions- und Betriebsgebäuden regelmäßig auch Bürogebäude, Fahrzeuge oder Maschinen. Auch Patente, Marken, Erfindungen und der Kundenstamm stellen regelmäßig funktionell wesentliche Betriebsgrundlagen dar. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Wirtschaftsgüter bilanziert werden (können) oder nicht.

Beispiel zum qualifizierten Einbringungsgegenstand

Im Falle der Umwandlung einer Werbeagentur in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in eine GmbH geht das ohne vorherige Eintragung der Firma im Handelsregister und unter Fortführung der Buchwerte nur im Rahmen einer Einbringung unter Anwendung des § 20 UmwStG. Zu den funktionell wesentlichen Betriebsgrundlagen einer Agentur gehört neben der Büroeinrichtung zwingend auch der Kundenstamm, also die Kunden der Online-, Werbe- oder Powerpoint Agentur. Die Einbringung der Agentur in die GmbH wäre möglich im Rahmen der GmbH-Gründung im Wege der Sachgründung durch Sacheinlage des Betriebs der GbR; im Wege der Sachgründung durch Einlage der Gesellschaftsanteile; im Rahmen einer Bargründung der GmbH mit anschließender Sachkapitalerhöhung.

Spezialfall: Einbringung des Besitzunternehmens in die Betriebs-GmbH

Vorsicht ist geboten bei der Einbringung des Besitzunternehmens in die Betriebs-GmbH zur Beendigung einer Betriebsaufspaltung. Gleiches gilt bei Einbringung eines Mitunternehmeranteils, wenn sich wesentliche Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen der Einbringenden befindet.

1.2. Sicherstellung der Besteuerung bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft

Das Bewertungswahlrecht hinsichtlich des eingebrachten Betriebsvermögens ist gem. § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG weiterhin davon abhängig, dass es später bei der übernehmenden GmbH der Besteuerung mit Körperschaftsteuer unterliegt (Nr. 1).

1.3. Sicherstellung der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile

Zusätzlich ist das Bewertungswahlrecht der übernehmenden GmbH davon abhängig, dass das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens bei der übernehmenden Gesellschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist.

1.4 Einbringung gegen Gewährung neuer Anteile an der aufnehmenden GmbH

Im Zuge der Einbringung muss der Einbringende neue Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft (Sacheinlage) erhalten. In eingeschränktem Umfang können neben den neuen Anteilen auch andere Wirtschaftsgüter (sonstige Gegenleistungen) gewährt werden (§ 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG).

Diesbezüglich hat der BFH mit Urteil vom 07.04.2010 (I R 55/09) entschieden: Auch im Falle der Verpflichtung zur Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils als Aufgeld (Agio) im Zuge einer Bargründung oder Barkapitalerhöhung liegt eine Sacheinlage i.S.d. § 20 UmwStG vor.

2. Einschränkungen des Bewertungswahlrechts gem. § 20 UmwStG

Nach § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG ist das Bewertungswahlrecht der übernehmenden GmbH beschränkt: Die Passivposten des eingebrachten Betriebsvermögens dürfen die Aktivposten nicht übersteigen; dabei ist das Eigenkapital nicht zu berücksichtigen. Mit anderen Worten: Das Bewertungswahlrecht gem. § 20 UmwStG ist bei Einbringung eines negativen Betriebsvermögens eingeschränkt. Zum Ausgleich des negativen Betriebsvermögens sind zwingend Zwischenwerte oder aber die gemeinen Werte anzusetzen.

Mit Urteil vom 13.09.2018 (I R 19/16) hat der BFH zur Wertaufstockung bei der Einbringung eines Mitunternehmeranteils mit negativem Kapitalkonto entschieden, dass die Voraussetzungen des Bewertungswahlrechts gem. § 20 UmwStG sowohl für jeden Gesellschafter als auch für jeden einzelnen Gegenstand der Sacheinlage gesondert zu prüfen ist. Dies gilt auch bei Einbringung mehrerer Mitunternehmeranteile mit positiven und negativen Kapitalkonten.

Eine weitere Einschränkung des Bewertungswahlrechts kann sich daraus ergeben, dass ein negatives Betriebsvermögen durch Über-Entnahmen des Einbringenden im steuerlichen Rückwirkungszeitraum entsteht. Ich verweise hierzu auf die Regelung in § 20 Abs. 5 UmwStG und das Urteil des BFH vom 07.03.2018 (I R 12/16).

3. Antrag auf Ansatz der Buchwerte oder Zwischenwerte

Das Bewertungswahlrecht ist weiterhin davon abhängig, dass die übernehmende GmbH diesbezüglich einen formlosen Antrag stellt, der spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für sie zuständigen Finanzamt einzureichen ist (§ 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG). Aus dem Antrag der übernehmenden Gesellschaft muss sich ausdrücklich ergeben, ob die eingebrachten Wirtschaftsgüter einheitlich mit dem Buchwert oder mit einem Zwischenwert anzusetzen sind. Im Falle eines Antrages auf Ansatz von Zwischenwerten ist der Antrag hinreichend bestimmt zu formulieren.

Der Antrag der übernehmenden Gesellschaft auf Buch- oder Zwischenwertansatz ist in zeitlicher Hinsicht spätestens bis zur erstmaligen Abgabe ihrer steuerlichen Schlussbilanz zu stellen. Nach dem Urteil des BFH vom 15.06.2016 (I R 69/15) geht es hier um die erstmalige steuerliche Schlussbilanz der übernehmenden Gesellschaft, die dem steuerlichen Übertragungsstichtag folgt.

Mit der “steuerlichen Schlussbilanz” ist die nächste auf den Einbringungszeitpunkt folgende steuerliche Jahresschlussbilanz der übernehmenden Gesellschaft gemeint, in der der Einbringungsgegenstand erstmals anzusetzen ist.

BFH, Urteil vom 15.06.2016 (I R 69/15)

Anträge nach diesem Zeitpunkt sind unbeachtlich. Stellt die übernehmende GmbH den Antrag nicht oder verspätet, ist das eingebrachte Betriebsvermögen zwingend mit dem gemeinen Wert anzusetzen.

Der Antrag ist an das für die Besteuerung der übernehmenden GmbH örtlich zuständige Finanzamt zu richten (§ 20 Abs. 2 S. 3 UmwStG). Eine Änderung oder der Widerruf eines einmal gestellten Antrages auf Ansatz der Buchwerte oder Zwischenwerte ist nicht möglich.

4. Darlehen nicht über 500.000 Euro

5. Nachweispflichten der einbringenden Unternehmer

Damit das Bewertungswahlrecht nachträglich nicht wegfällt, ist zusätzlich die Regelung in § 22 Abs. 3 UmwStG zu beachten, die dem Einbringenden diverse Nachweispflichten auferlegt.

Dazu gehört die Verpflichtung des einbringenden Unternehmers, in den 7 Jahren nach der Umwandlung des Einzelunternehmens in die GmbH jährlich bis zum 31. Mai dem zuständigen Finanzamt einen Nachweis darüber zu erbringen, dass die erhaltenen Anteile an der übernehmenden GmbH weiter ihm zuzurechnen sind.

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