Die Regelungen zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie zur Beschränkung von Haftungs- und Anfechtungsrisiken im Zusammenhang mit der Fortführung eines pandemiebedingt insolventen Unternehmens sind in dem COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) enthalten. Hiernach hat der Gesetzgeber in Deutschland die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis 31.12.2020 verlängert, allerdings zunächst begrenzt auf die Fälle der Überschuldung.

Die zunächst bis 30.09.2020 befristete Aussetzung der Insolvenzantragspflicht konnte die befürchtete Pleitewelle infolge der Coronapandemie vorerst abwenden. Seitdem stieg der Sanierungsdruck auf die betroffenen Unternehmen erheblich an. In vielen Fällen konnte die Beseitung einer Zahlungsunfähigkeit nur durch Zuführung neuen Eigenkapitals oder weiterer Gesellschafterdarlehen gelingen. Die staatlichen Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie haben den betroffenen Unternehmen hierfür wichtige Zeit verschafft.

Inzwischen hat der Gesetzgeber die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nochmals bis 30.04.2021 verlängert, allerdings begrenzt auf die Fälle, in denen die Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaften zwischen 01.11.2020 und 28.02.2021 einen Antrag auf Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben (oder nach den Bedingungen des staatlichen Hilfsprogramms zumindest in den Kreis der Antragsberechtigten fallen).

Bitte beachten Sie: Die nachfolgenden Erläuterungen können eine Prüfung oder rechtliche Beratung zum Vorliegen der Voraussetzungen einer Insolvenzantragspflicht nicht ersetzen. Eine Darstellung der Rechtslage findet man auch auf der Webseite des BMJV.

Insolvenzantragspflicht der Geschäftsführer

Geschäftsführer zahlungsunfähiger Gesellschaften sind seit 01.10.2020 grundsätzlich wieder zum Insolvenzantrag verpflichtet, wenn sie die Zahlungsunfähigkeit nicht rechtzeitig beseitigen können.

Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags gem. § 15a InsO und § 42 Abs. 2 BGB ist bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

§ 1 Abs. 1 COVInsAG

Allerdings ist diese Insolvenzantragspflicht bis 30.04.2021 ausgesetzt, wenn die in § 1 Abs. 3 COVInsAG genannten Voraussetzungen gegeben sind. Die Aussetzung gilt für den Insolvenzantragsgrund der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung.

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 01.01. bis 30.04.2021

Nachfolgend werden die Regelungen und die Voraussetzungen hinsichtlich der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 01.01.2021 bis zum 30.04.2021 gem. § 1 Abs. 3 COVInsAG erläutert.

Diese Regelung lautet wie folgt:

Vom 1. Januar 2021 bis zum 30. April 2021 ist die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach Maßgabe des Absatzes 1 für die Geschäftsleiter solcher Schuldner ausgesetzt, die im Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 28. Februar 2021 einen Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben. War eine Antragstellung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen innerhalb des Zeitraums nicht möglich, gilt Satz 1 auch für Schuldner, die nach den Bedingungen des staatlichen Hilfsprogramms in den Kreis der Antragsberechtigten fallen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfeleistung besteht oder die erlangbare Hilfeleistung für die Beseitigung der Insolvenzreife unzureichend ist.

§ 1 Abs. 3 COVInsAG

Die finanziellen Hilfeleistungen im Rahmen der staatlichen Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie müssen grundsätzlich zwischen dem 1.11.2020 und dem 28.02.2021 beantragt worden sein (§ 1 Abs. 3 S. 1 COVInsAG). War eine Antragstellung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen bis zum 28.02.2021 nicht möglich, kommt es darauf an, ob zumindest eine Antragsberechtigung nach den Bedingungen des staatlichen Hilfsprogramms besteht (§ 1 Abs. 3 S.2 2 COVInsAG). Die beantragte Erlangung der Hilfeleistung darf nicht offensichtlich aussichtslos sein (§ 1 Abs. 3 S. 3 COVInsAG).

Achtung: Die beantragte Hilfeleistung muss zur Beseitigung der Insolvenzreife ausreichen (§ 1 Abs. 3 S. 3 COVInsAG), d.h. sie muss eine bestehende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung beseitigen können.

Die Beantragung der staatlichen Hilfeleistung bzw. die Antragsberechtigung ist von demjenigen (wie insbesondere dem betroffenen Geschäftsleiter oder der betroffenen Geschäftsleiterin) darzulegen und ggf. zu beweisen, der sich auf die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht beruft.

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht im Falle der Überschuldung bis 31.12.2020

Mit der Regelung in § 4 COVInsAG wurde das Bundesjustizministerium ermächtigt, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und die Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bis zum 31.03.2021 zu verlängern. Hiervon hat die Bundesregierung nun Gebrauch gemacht, um die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für den Fall der Überschuldung bis 31.12.2020 zu verlängern. Eine nochmalige Verlängerung bis 31.03.2021 erscheint momentan unwahrscheinlich.

In § 1 Abs. 2 COVInsAG heißt es:

Vom 1. Oktober 2020 bis zum 31. Dezember 2020 ist allein die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags wegen Überschuldung nach Maßgabe des Abs. 1 ausgesetzt.

§ 1 Abs. 2 COVInsAG

Insolvenzantragspflicht im Falle der Zahlungsunfähigkeit ab 01.10.2020

Ab 01.10.2020 sind Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft im Falle der Zahlungsunfähigkeit wieder zum Insolvenzantrag verpflichtet, wenn diese nicht innerhalb von drei Wochen beseitigt werden kann. Hinsichtlich der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit ist auch auf das Urteil des BGH vom 19.12.2017 (Az. II ZR 88/16) zu verweisen.

Die befürchtete und wohl unvermeidliche Pleitewelle wird somit voraussichtlich im IV. Quartal 2020 beginnen konnte bislang offenbar abgewendet werden.

Für Unternehmer und Geschäftsführer in allen Rechtsformen und Branchen wird die Qualität des Liquiditäts- und Forderungsmanagements eine herausragende Rolle einnehmen.

Aufgaben und Pflichten der Geschäftsführer

Für Geschäftsführer einer GmbH oder UG haftungsbeschränkt in der Krise besteht nunmehr die erstrangige Aufgabe und Pflicht darin, mit allen Mitteln die Liquidität der Gesellschaft sicherzustellen, falls möglich auch durch Aufnahme von Darlehen bei Gesellschaftern, Banken oder Dritten. Eine Liquiditätsplanung zumindest für das IV. Quartal 2020 und das kommende Jahr ist ebenfalls dringend zu empfehlen.

Ist die GmbH oder UG haftungsbeschränkt momentan ausreichend liquide bzw. zahlungsfähig i.S.d. BGH-Urteils vom 19.12.2017, sollten die Geschäftsführer schon jetzt eine etwaige Überschuldung der Gesellschaft prüfen und spätestens bis zum 31.12.2020 beseitigen. Hier sind insbesondere Geschäftsführer angesprochen, die ihre Liquidität in der vergangenen Monaten durch die Aufnahme von Fremdkapital sichergestellt haben. Achten Sie dabei insbesondere auf Forderungen, die im Zuge der Coronakrise nicht bezahlt wurden und ggf. im Wert zu berichtigen sind. Dies kann sich in der Bilanz zum 31.12.2020 verheerend auswirken.

Muster und Vorlagen für Geschäftsführer:

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